[102] Aus mehrfachen Gründen haben wir elegante Sports bitter nötig: einmal, um der Durchführung einer Körperkultur, die sich der eleganten Menschheit anpaßt, willen, sodann, daß sie uns als Grundlage, quasi als Begründung neuanzuschaffender, uns schon lange fehlender großer Rasenflächen und der dazu gehörenden Schmuckanlagen dienen, und schließlich, weil die Gesellschaft den Forderungen in gesundheitlicher Hinsicht entsprechend und auch aus eigenem Triebe danach strebt, Betätigungsarten zu finden, die Charme, Chic, Eleganz mit Kraft und Gewandtheit verbinden, immer unter Beachtung der geschriebenen und ungeschriebenen Gesetze, durch deren Klippen eben nur der Mensch ungestraft segeln kann, dessen Eigenkultur soweit fortgeschritten ist, daß er in erster Linie die ästhetischen, dann die ethischen und zuletzt die gesundheitlichen Forderungen richtig einschätzt und dementsprechend praktisch würdigt. Der Kronadel weiß recht gut, warum er das Golfspiel – abgesehen vom Pferderennen[103] und Automobilismus – zu seinem sportlichen Lieblingsthema erhob. Natürlicherweise schon deshalb tat er es, weil das Golfspiel durch die dadurch bedingten großen Anlagen Mittel voraussetzt, die nur wenigen Auserwählten zur Verfügung stehen und die für die Allgemeinheit eine unübersteigbare Barriere bedeuten.
Darum wird das Golfspiel im populären Sinne nie Allgemeingut werden. Wenn England auch in den Mittelstandskreisen Golfspieler zählt, so liegt das an den dort überall vorhandenen großen Rasenflächen und dem Verständnis, mit dem die betreffenden zuständigen Behörden – Parkverwaltungen usw. – dort drüben sportlichen Wünschen gegenüberstehen. – Deutschland hat seine Golfklubs und deren Plätze hauptsächlich in den großen Kurorten, in den Zentren internationalen Fremdenverkehrs, die innerhalb der schwarz-weiß-roten Grenzpfähle liegen; Baden-Baden und Oberhof sind wohl die beiden nennenswertesten Vertreter dieses neu auf kommenden exklusivsten Sports, der natürlich auch aus England, respektive Amerika herüberkam. Beide Golfklubs haben den Geist und die Traditionen der Golfer anderer Länder glücklich importiert, vielleicht sogar ausgebaut. Der Baden-Badener Golfklub kann seine Anlagen vorbildlich nennen.
Sein Platz umfaßt 250000 qm Rasengelände, die zusammen eine Länge von 41/2 km besitzen. Das sehr verständig angepaßte und ganz reizende Klubhaus hat es seinem schönen Komfort zu verdanken, daß die an sich gewißlich verwöhnte Baden – Badener Gesellschaft sich gern zu ihm hingezogen fühlt und meist dort auch regelmäßig ihren 5-Uhr-Tee einnimmt. Selbstverständlich umfaßt die Mitgliederliste des Baden-Badener Golfklubs eine Reihe der glänzendsten Namen; nennen wollen wir die Schwester unseres Kaisers, Erbprinzessin Charlotte von Sachsen-Meiningen, Erbprinz Bernhard von Sachsen-Meiningen,[104] Prinz Wilhelm von Sachsen-Weimar, den Herzog von Frias, Vetter des Königs von Spanien, Herzog von Teck, den Bruder der Königin von England, die Herzogin von Teck, Fürst und Fürstin von Pleß, Prinzessin Friedrich Karl von Hohenlohe-Oehringen, Fürst zu Lynar, Fürst Karl Kinsky und viele andere. Auch der Großfürst Kyrill von Rußland hat schon oft auf den Flächen des Baden-Badener Golfklubs den Ball getrieben, wie er auch ein eifriger Besucher des Thüringer Golfklubs ist, der bekanntlich in Oberhof seinen Sitz hat. Dort ist für die Golfer eigens ein Golfklub-Hotel erstanden, allerdings auch in Rücksicht auf das dort herrschende alpine Höhenklima, denn der Platz liegt in einer Höhe von 800 bis 1000 m. Der Thüringer Golfklub hat sein schnelles Aufkommen in erster Linie seinem hohen Protektor, dem Herzog Carl Eduard von Sachsen-Koburg-Gotha zu verdanken.
Ein großes Verdienst um das Golf-Spiel erwarb sich bisher das in dieser Beziehung stets großzügige Baden-Baden, das alljährlich die Berufsspieler zu einem Turnier vereint.
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