Reise nach Frankfurt am Main und Rückkehr nach Weimar

[122] Zwar hatt ich nun eine Frau, aber weder Brot für sie noch einen Dienst, weshalb ich mich genötigt sah, mich auswärts um einen zu bewerben. Ehe ich mit mir einig wurde, wohin ich mich deswegen wenden wolle, machte ich einen vierzehntägigen Besuch bei meinem Schwager, dem Schulmeister R. zu Tennstedt. Er gab sich alle Mühe, mich bei einem Landedelmann anzubringen, welcher aber, wie andere Herrschaften, den Grundsatz hatte, keine verheurateten Leute in Dienste zu nehmen. Nachdem ich ein halbes Jahr müßig umhergestrichen war, begab ich mich nach Frankfurt am Main, um Meßkondition anzunehmen. Unterweges besuchte ich die bei Fulda auf dem Gehülfersberge liegende alte Kapelle, von welcher Wunderdinge erzählt werden und wohin in Krankheiten häufige Wallfahrten unternommen werden; auch die bei Gelnhausen liegende Burg Kaiser Rudolfs von Habsburg nahm ich bei dieser Gelegenheit in Augenschein.

In Frankfurt erhielt ich zwar während der Messe, aber sonst keine Kondition und mußte mich zur Rückkehr nach Weimar entschließen, weil mir überall der Umstand meiner Verheuratung nachteilig war.

Quelle:
Sachse, Johann Christoph: Der deutsche Gil Blas oder Leben, Wanderungen und Schicksale Johann Christoph Sachses, eines Thüringers. Von ihm selbst verfasst, Berlin 1977, S. 122-123.
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Der deutsche Gil Blas
Der deutsche Gil Blas oder Leben, Wanderungen und Schicksale Johann Christoph Sachses, eines Thüringers
Der deutsche Gil Blas. Eingeführt von Goethe. Oder Leben, Wanderungen und Schicksale Johann Christoph Sachses, eines Thüringers