Einladungen.

[33] Wünschen wir unsere Freunde und Bekannten um uns zu vereinigen, so kann das nur durch eine besondere Aufforderung hierzu geschehen. Dieselbe erfolgt mündlich oder schriftlich. Verfügt man nicht über sehr zuverlässige Boten, so ist das letzte sicherer. Eine Visitenkarte mit der freundlichen Bitte um den Besuch des Adressaten genügt vollständig. Bei Kaffees, Thees und kleineren Gesellschaften wird man, trotz anderer Vorbereitungen, stets Muße finden, die betreffenden Karten zu schreiben. Für größere Gesellschaften, Mittags- und Abendessen, Tanzkränzchen und Bälle empfehlen sich gedruckte Einladungskarten, auf denen nur der Name ausgefüllt zu werden braucht. Die Ausstattung der Karten sei einfach und fein; lithographierte werden bevorzugt, wogegen solche mit allerlei zierlichen Verschnörkelungen nicht dem guten Tone entsprechen. Diese Einladungen werden im geschlossenen Kouvert, entweder durch einen Boten oder durch die Post versandt. Je früher dieses geschieht, desto größere Erwartungen hegen die Gäste inbezug auf den ganzen Zuschnitt des Festes, die Wirte inbezug auf die zur Verwendung kommenden Toiletten. Einladungen auf Postkarten sind eine Unart.

Die Form der Einladungen ist ungefähr folgende:

Herr und Frau Schulze beehren sich, Herrn und Frau Müller nebst Fräulein Tochter für Dienstag, den 14. November, abends 8 Uhr zum Thee und Abendbrote ergebenst einzuladen.

Oder:

Herrn Müller nebst Frau Gemahlin und Fräulein Tochter beehren wir uns für Dienstag, 14. November, 5 Uhr zum Mittagsessen ganz ergebenst einzuladen.

A. Schulze u. Frau.[33]

Es kommt besonders darauf an, sich höflich auszudrücken, Datum, Tag und Stunde zu erwähnen und das bekannte U.A.w.g. nicht zu vergessen. Für einen Menschen von Takt versteht es sich freilich von selbst, daß er jedes Einladungsschreiben zu- oder absagend beantwortet.

Auch leuchtet ein, daß dieses möglichst umgehend zu erfolgen hat, da eventuell noch andere eingeladen werden sollen. Hat man zugesagt und wird dennoch durch einen unvorhergesehenen Zwischenfall am Worthalten verhindert, so müssen hiervon die Gastgeber sofort in der artigsten Form benachrichtigt werden. In diesem Falle wird es auch nötig, die verspätete Absage zu begründen, während es im ersteren Falle genügt, höflich zu bedauern. Absagen dürfen nie als Beleidigung aufgefaßt werden; denn vielerlei kann den Geladenen zwingen, zurückzubleiben. Ebenso wenig darf sich ein Freund oder Bekannter des Hauses verletzt fühlen, wenn er mit einer Einladung ausgelassen wird. Auch hierzu können die verschiedenartigsten Gründe vorliegen, von denen nicht einer beleidigend zu sein braucht.

Trifft die Gastgeber ein plötzlicher Unglücksfall, so ist es selbstverständlich, daß alle Geladenen sofort von dem Ausfalle der Gesellschaft benachrichtigt werden.

Quelle:
Schramm, Hermine: Das richtige Benehmen. Berlin 201919, S. 33-34.
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