das Feuerwerk

[49] nicht gleichzeitig mit dem Platzregen, so kann es eine schöne Augenweide werden, wenn man die Augen an den nächtlichen Himmel richtet und geduldig wartet, bis die Rakete heraufkommt. Was sich unten an Feuertöpfen und ähnlichem pyrotechnischen Geschirr bewundern läßt, lasse man ruhig geschehen, da man gewöhnlich ungünstig placiert ist und sich mit dem allgemeinen Ah! begnügen muß.

Bleibt der Platzregen während des Feuerwerks ganz fort, so lege man dies nicht dem Pyrotechniker oder gar dem Festcomité zur Last, da er durchaus nicht zum Programm gehört. Gerechter verfährt man, wenn man das Ganze für einen glücklichen Zufall erklärt, der sich vielleicht während des ganzen Sommers nicht wiederholt.

Mißglückt eine Nummer und amüsiert man sich darüber ganz besonders gut, so verlange man sie nicht da capo, sondern bedaure lieber, wenn die nächstfolgende gelingt und dadurch der Schadenfreude des geehrten Publikums Abbruch thut.

Bekommt man im Gedränge einen Fußtritt, so sieht man sich genau den Herrn an, von dem man den Tritt bekommen hat. Macht er den Eindruck eines starken Mannes, der eine Erniedrigung darin erblicken würde, um Verzeihung zu bitten, so sage man nichts, sondern denke ziemlich rücksichtslos und aufgebracht, ohne die Gedanken auf die Wagschale zu[49] legen. Ist aber der Tretende eine bescheidene, liebenswürdige Erscheinung und sucht er nach Worten der Entschuldigung, so setze man ihn mit scharfen Redensarten zurecht, erkläre sein Benehmen für unqualifizierbar und wünsche sich Glück, daß man sich so, wie es geschieht, zu beherrschen vermag.

Hat der Feuerwerker die Schlußnummer »Das Bombardement von Sebastopol« genannt, so finde man sich darein. Allerdings könnte sie auch »Die Seeschlacht bei Helgoland« oder »Liebeständelei« oder »Der Brand von Moskau« heißen, aber auch jeder dieser Namen wäre höchst unpassend. Selbst wenn die Nummer »Die letzten Augenblicke Richard des Dritten« hieße, würde sie vielleicht richtiger »Also spricht Zaratustra« oder »Waterloo« oder »Götterdämmerung« betitelt sein.

Hat sich eine Dame, um besser sehen zu können, auf einen Stuhl gestellt, so halte man sie, wenn man nicht ihr Gatte oder Bruder ist, nicht an den Füßen fest, damit sie nicht herunterfalle. Es giebt Gatten und Brüder, welche dergleichen gern selbst thun, wenn es nötig erscheint.

Verehrt man aber in der auf dem Stuhl stehenden Dame seine Gattin oder Schwester, so sei man nicht besorgt, daß sie abstürze, und bekümmere sich um ihre Füße nicht. Man bekunde die Sorgfalt in anderer Weise, etwa dadurch, daß man der Dame ein Butterbrot oder ein Glas Bier oder Wein hinaufreicht. Dies wird wohl auch dankbarer anerkannt, als das in den meisten Fällen ganz überflüssige Festhalten der Füße.

Während des Feuerwerks pflegt der übrige Teil des Parks um so dunkler zu sein, da die Verwaltung die Verfinsterung nicht unbenutzt läßt, um den Aktionären den beruhigenden Beweis zu liefern, daß sie sparsam sei. Diese Sparsamkeit wird dadurch in das richtige[50] Licht gerückt. Der Teil des Parks, in welchem dies geschieht, wird gern von Pärchen aufgesucht, welche fürchten, die Zuschauer des Feuerwerks zu stören. Da dies die Folge hat, daß der dunkle Teil des Parks ungemein stark frequentiert wird, so suche man ihn nicht am Arm einer Freundin auf, wenn man auf diesem Abstecher nicht erkannt sein will. Auch findet man die Bänke und Stühle bereits besetzt und würde dadurch zum Promenieren gezwungen, was in der Dunkelheit mit Gefahren verknüpft ist.

Die Zeit der


Quelle:
Stettenheim, Julius: Der moderne Knigge. Berlin 1905, Bd. II, S. 49-51.
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