Beilage 6.

[197] Programm

zur

Feier der Huldigung Seiner Majestät des Königs Friedrich Wilhelm IV. in Königsberg in Preussen am 10. September 1840.

§. 1.


Am Donnerstag den 10. September 1840, als dem zur Huldigung Seiner Majestät des Königs Friedrich Wilhelm IV. für Ostpreussen, Westpreussen und Posen bestimmten Tage, wird um 1/29 Uhr Morgens von allen Kirchen der Stadt Königsberg, nach dem Signal der Schlosskirche, eine halbe Stunde geläutet.


§. 2.


Auf dieses Zeichen begeben sich sämmtliche zur Huldigung versammelten Stände und Abgeordnete, mit den ihnen ertheilten Einladungs-Karten versehen, zum Gottesdienst, und zwar die evangelischen, die Repräsentanten der evangelischen Geistlichkeit und der Universität, durch das Portal am Schlossplatze in die Schlosskirche, wo ihnen, nach Anordnung des Ober-Präsidenten von Preussen, die Plätze durch die Huldigungs-Marschälle angewiesen werden, die katholischen Deputirten aber zur Feier eines Hochamtes in die katholische Kirche. Die zur Huldigungsfeier ausserdem geladenen Herren vom Civil, soweit sie nicht zu dem im §. 5. gedachten Königlichen Zuge gehören, begeben sich auf demselben Wege in die Schlosskirche.


§. 3.


Die Stabs- und die Subaltern-Officiere nehmen vor Beendigung des Gottesdienstes auf dem Schlosshofe Platz, die ersteren auf der Tribüne rechts vom Throne, die letzteren zu beiden Seiten der grossen Freitreppe, wo die Regiments-Fahnen und Standarten aufgestellt sind. Der Eingang ist für die Officiere durch das Portal am Schlossplatze.


§. 4.


Die mit Einlass-Karten versehenen Zuschauer sind durch das um 7 Uhr Morgens geöffnete Portal beim Danziger Keller in den Schlosshof gelangt und haben auf den für sie eingerichteten Tribünen und Abtheilungen zu ebener Erde Platz genommen.


§. 5.


Um 9 Uhr begeben Sich Seine Majestät der König aus Allerhöchst Ihren Appartements die grosse Freitreppe hinunter durch die Schranken der Deputirten[198] und die Militair-Chaine in die Schlosskirche. Die Prinzen des Königlichen Hauses, der Minister des Innern, die Oberpräsidenten von Preussen und Posen, die vier grossen Hof-Aemter im Königreich Preussen, die Hofstaaten, sämmtliche hier anwesenden Generale und Brigade-Commandeure, so wie die Präsidenten der Landes-Collegien, welche durch den Haupt.-Eingang des Schlosses (beim Regierungs-Collegium) in die Königlichen Gemächer und Vorzimmer getreten sind, geleiten Seine Majestät in folgender Ordnung:

Die als Ceremonienmeister fungirenden Kammerherren

v. Kunheim und

Graf Richard zu Dohna,

die hier anwesenden Kammerherren, paarweise,

der Hof-Marschall v. Meyerinck,

die vier grossen Hofämter, paarweise, nämlich:

der Ober-Burggraf v. Brünneck und

der Ober-Marschall Graf zu Dohna- Wundlacken;

der Kanzler Dr. v. Wegnern und

der Land-Hofmeister Graf zu Dohna- Schlobitten.

Seine Majestät der König.

Seine Königliche Hoheit der Prinz von Preussen,

Seine Königliche Hoheit der Prinz Carl,

Seine Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Carl,

Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht,

Seine Königliche Hoheit der Prinz August.

Die General- und Flügel-Adjutanten Seiner Majestät des Königs, der Geheime Cabinets-Rath und der Cabinets-Rath, sowie die Adjutanten Ihrer Koniglichen Hoheiten.

Der Staats-Minister v. Rochow.

Der wirkliche Geheime Rath und Ober-Präsident von Preussen, v. Schön, der Ober-Präsident von Posen, Flottwell, sämmtliche General- und Brigade-Commandeure und sämmtliche hier anwesenden Präsidenten der Landes-Collegien und die mit ihnen gleichen Rang habenden Beamten.

Seine Majestät der König nehmen dem Altare gegenüber Platz, die Königlichen Prinzen, der Staats-Minister v. Rochow und die Hofstaaten hinter Seiner Majestät, das übrige Gefolge Seiner Majestät auf den Chören.

Ihre Majestät die Königin werden Sich gleichzeitig mit Allerhöchst Ihrem Gefolge durch die Zimmer des Ober-Präsidenten in die Schlosskirche, und zwar in die Königliche Tribüne begeben.


§. 6.


Hiernächst beginnt der Gottesdienst, welcher um 10 Uhr beendigt sein wird.


§. 7.


Seine Majestät der König, begleitet von den Prinzen des Königlichen Hauses, begeben Sich unter Vortritt und Gefolge der im §. 5 genannten Personen in der schon gedachten Ordnung, auf dem zuvor genommenen Wege, aus der Schlosskirche in Allerhöchst Ihre Appartements zurück.


§. 8.


Um 10 Uhr wird auch in der katholischen Kirche das Hochamt geendigt sein. Die katholischen Deputirten begeben sich von dort durch das Portal[199] am Schlossplatz in die Zimmer der Deutschen Gesellschaft und schliessen sich von dort aus dem, nach §. 15, aus der Kirche kommenden Zuge der Stände an.

Die katholischen Bischöfe und die Repräsentanten der katholischen Geistlichkeit dagegen verfugen sich aus der katholischen Kirche durch den Haupt-Eingang des Schlosses in die Königlichen Gemächer, wo sie von dem Kammerherrn Grafen zu Dohna empfangen werden, der sie durch das Thronzimmer in die blaue Kammer führt.


§. 9.


Der Graf von Kayserling und die Repräsentanten der Universität gehen aus der Kirche durch denjenigen Eingang zur Wohnung des Ober-Präsidenten von Schön, welcher zunächst dem neuen Schlossflügel liegt, über den kleinen Corridor die Haupttreppe hinauf in das Vorzimmer der Königlichen Gemächer, wo sie von dem Kammerherrn von Kunheim empfangen und durch das Thronzimmer in die grosse Gallerie geführt werden.


§. 10.


Auf dem vorstehend bezeichneten Wege haben sich:


der Bevollmächtigte des Fürsten von Thurn und Taxis, Kammerherr Graf von Garczynski,

der Bevollmächtigte für den minderjährigen Fürsten von Sulkowski, Präsident von Frankenberg und

der Graf Athanasius von Raczynski nach dem Vorzimmer der Königlichen Gemächer begeben und sind von dem Kammerherrn von Kunheim empfangen und durch das Thronzimmer in die grosse Gallerie geführt worden.


§. 11.


Die in der grossen Gallerie versammelten, §§. 9 und 10 gedachten Personen werden von dem Hofmarschall von Meyerinck in das Thronzimmer geführt.

Nachdem Seine Majestät der König Sich in das Thronzimmer begeben und den Befehl ertheilt haben, dass die katholische Geistlichkeit eintrete, wird, sobald dies geschehen, der Bischof von Ermland Dr. von Hatten, Namens der katholischen Geistlichkeit, Seiner Majestät die Huldigungs-Anrede halten.


§. 12.


Hierauf wird vor Seiner Majestät, im Beisein des Kanzlers und des Ober-Marschalls im Königreiche Preussen, zunächst dem Landhofmeister, Wirklichen Geheimen Rath Grafen zu Dohna-Schlobitten, dem Ober-Burggrafen von Brünneck und dem Grafen von Kayserling, sodann den im §. 10 genannten Mitgliedern des Ersten Standes des Grossherzogthums Posen, von dem Staats-Minister des Innern von Rochow, unter Zuziehung des Departements-Raths für die Landeshoheits-Angelegenheiten im Ministerium des Innern, Geheimen Re gierungs-Raths Mathis, als Protokollführers, der Huldigungseid abgenommen.


§. 13.


Demnächst folgt, Namens der Repräsentanten der Universität zu Königsberg, eine Huldigungs-Anrede an Seine Majestät, gehalten von dem Prorector magnificus.
[200]

§. 14.


Während diese Acte in dem Thronzimmer stattfinden, haben die Ober-Präsidenten von Preussen und Posen es veranlasst, dass die evangelischen Theilnehmer an der Huldigung von der Ritterschaft, den Städten und Landgemeinen aus der Kirche in die offenen Schranken auf dem Schlosshofe getreten sind.


§. 15.


Dies geschieht in provinciell abgetheilten Zügen.

Die Ostpreussischen Theilnehmer gehen voraus; ihnen folgen die von Westpreussen, dann die von Posen. Jeder Zug wird von einem Marschalle und in jedem Zuge jeder der drei Stände gleichfalls von einem Marschalle geführt.


§. 16.


Am Eingange der Schranken werden auf Veranlassung der beiden Ober-Präsidenten die Plätze durch die Marschälle dergestalt angewiesen, dass die Ostpreussischen Deputirten in die mittelsten Schranken vor dem Throne, die Westpreussischen neben ihnen rechts und die Posenschen neben ihnen links eintreten.


§. 17.


Die evangelischen Geistlichen haben sich aus der Schlosskirche in diejenigen Schranken begeben, welche unter den Fenstern errichtet sind, an welchem Ihre Majestät die Königin der Feierlichkeit beiwohnen wird.

Die Generalität hat auf der Tribüne rechts, die Herren vom Civil haben auf der Tribüne links vom Throne Platz genommen.


§. 18.


Aus dem Thronzimmer gehen diejenigen, welche daselbst die Huldigung geleistet haben, die katholische Geistlichkeit und die Universitäts-Repräsentanten die Haupttreppe hinunter durch den kleinen Corridor in den Schlosshof und nehmen: die ersteren auf der Tribüne links vom Throne, die katholische Geistlichkeit auf der Tribüne der gegenüber, welche für die evangelischen Geistlichen eingerichtet ist, und endlich auf dieser letzteren die Repräsentanten der Universität Platz.


§. 19.


Wenn solchergestalt Alles in die Schranken getreten und geordnet sein wird, setzt der Ober-Präsident von Preussen den Staats-Minister von Rochow davon in Kenntniss, worauf Letzterer Seiner Majestät die Meldung macht.


§. 20.


Allerhöchstdieselben verfügen Sich hiernächst, unter Vortritt der vier grossen Hofämter im Königreich Preussen, gefolgt von den Königlichen Prinzen, dem Staats-Minister von Rochow, den beiden Ober-Präsidenten und dem Hofstaate, nach dem Balkon und nehmen auf dem daselbst errichteten Throne Platz.


§. 21.


Die Prinzen umgeben Seine Majestät. Der Staats-Minister von Rochow nimmt seinen Platz rechts vom Throne neben der untersten Stufe. Der Kanzler[201] von Preussen nimmt, als Redner, den gleichen Platz zur linken Seite des Thrones.

Rechts vom Staats-Minister von Rochow stellen sich die beiden Ober-Präsidenten, seitwärts hinter denselben der Ministerial-Departements-Rath für die Landeshoheits-Angelegenheiten, links vom Kanzler der Landhofmeister, der Ober-Marschall und der Ober-Burggraf. Neben und hinter dem Throne nehmen der Hofstaat, die General- und Flügel-Adjutanten Platz.

Die Adjutanten der Königlichen Prinzen treten auf die Tribüne links vom Thron.


§. 22.


Gleichzeitig haben Ihre Majestät die Königin Allerhöchst Sich an das Fenster erhoben, um der Feierlichkeit beizuwohnen, umgeben von Allerhöchst Ihrem Hofstaate.


§. 23.


Wenn der Staats-Minister von Rochow auf die unterste Stufe des Thrones tritt, ist dies für den Kanzler von Preussen das Zeichen, ein Gleiches zu thun.

Auf dieser Stelle hält Letzterer sodann die Anrede an die Stände.


§. 24.


Der Redner für die Stände des Königreichs Preussen tritt aus den Schranken, stellt sich Seiner Majestät dem Könige gegenüber und beantwortet von diesem Platze aus die Anrede.

Demnächst tritt aus den Schranken der Redner für die Stände des Grossherzogthums Posen und beantwortet von dem vorbezeichneten Platze aus die Anrede des Kanzlers.


§. 25.


Der zur Eides-Abnahme bestimmte Beamte, Oberpräsidial-Rath, Regierungs-Rath Zander hat auf der Seiten-Tribüne links vom Throne seine Stelle genommen und tritt, sobald der Kanzler von Preussen die unterste Stufe des Thrones bestiegen hat, auf die Thron-Tribüne hinter denselben. Nach Beendigung der Anreden liest er die Vorhaltung vor und nimmt den Eid ab.


§. 26.


Nach geschehener Huldigungs-Leistung werden von dem Staats-Minister von Rochow, nach Allerhöchster Bestimmung Seiner Majestät, die Standes-Erhöhungen und sonstigen Allerhöchsten Gnaden-Bezeigungen bekannt gemacht.


§. 27.


Hierauf ruft der Landhofmeister des Königreichs Preussen das dreimalige Lebehoch! für Seine Majestät aus, und während der unter Trompeten- und Pauken-Schall erfolgenden Wiederholung Seitens der Stände wird von den im Königs-Garten aufgestellten Kanonen eine Salve gegeben.


§. 28.


Hierauf wird, mit Begleitung von Musikchören, das Lied »Nun danket alle Gott« auf dem Schlosshofe von allen Anwesenden gesungen.


§. 29.


Während des Liedes werden aus den im Königsgarten aufgefahrenen Geschützen Einhundert und ein Kanonenschüsse gelöst. Seine Majestät der[202] König und Ihre Majestät die Königin begeben Sich, auf den vorher genommenen Wegen und in gleicher Art geleitet und gefolgt, in Allerhöchst Ihre Zimmer zurück.

Somit ist die Feierlichkeit auf dem Schlosshofe beendigt Die Deputirten begeben sich durch das Portal nach dem Schlossplatze, die Zuschauer durch das bei dem Danziger Keller belogene Portal zurück.


§. 30.


Die zum Diner im Moscowiter-Saal geladenen Deputirten versammeln sich gegen 2 Uhr, mit ihren Einladungs-Karten versehen, und den Weg durch das Portal am Schlossplatze nehmend, in ihren Schranken; bei ungünstiger Witterung aber finden sich die Preussischen Deputirten in der Wohnung des Oberpräsidenten von Schön, die Posenschen im Saale der Deutschen Gesellschaft (im rechten Schloss-Flügel) ein. Sie werden von den Marschällen zu den Tafeln geführt werden.


§. 31.


Die zur Tafel in den Sälen des Schlosses geladenen Personen finden sich um 1/22 Uhr in den Königlichen Gemächern ein, in welche sie durch den Haupt-Eingang bei dem Regierungs-Collegium gelangen.


§. 32.


Abends 7 Uhr ist Cour bei Ihrer Majestät der Königin. Die Damen erscheinen in Roben, die Herren im Gala-Anzuge.

Der Eintritt ist vom Schlossplatze aus durch den Haupt-Eingang des Schlosses bei dem Regierungs-Collegium.


§. 33.


Die Herren und Damen, welche zur Cour erscheinen, senden Tages zuvor der Oberhofmeisterin Ihrer Majestät der Königin, Gräfin von Reede, ihre Karte.


§. 34.


Mit Ausführung der vorstehenden Anordnungen ist von Seiner Majestät dem Könige der Hof-Marschall von Meyerinck beauftragt worden.


Königsberg, den 5. September 1840.


Auf Seiner Königlichen Majestät Allergnädigsten Special Befehl:

(gez.) von Rochow.

Quelle:
Stillfried-Alcántara, Rudolf von: Ceremonial-Buch für den Königlich Preußischen Hof I. - XII. Berlin 1877, S. 197-203.
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