Die Konfirmation.

Da weder kirchlich noch gesetzlich ein bestimmter Zeitpunkt für die Einsegnung (katholisch Firmelung) festgesetzt, liegt es ganz im Ermessen der Eltern und wird durch die Verhältnisse bestimmt, in welchem Alter dieselbe stattfindet. In niederen Kreisen läßt man die Kinder gewöhnlich früher einsegnen, damit sie sich baldmöglichst einem Lebens beruf zuwenden können, doch darf dies gesetzlichen Bestimmungen nach nicht vor Vollendung des vier zehnten Lebensjahres geschehen. Die Firmelung katholischer Kinder findet allerdings viel früher oft schon im achten Lebensjahre statt, ist aber auch dann natürlich nicht als Abschluß der Schulzeit zu betrachten, sondern fällt mitten in dieselbe hinein.

Überall aber, wo zwingende Gründe nicht das Gegenteil erfordern, sollte man die Einsegnung so lange als möglich hinausschieben und sie keinenfalls vor Vollendung des sechzehnten Lebensjahres vornehmen[156] lassen. Gilt es doch für die Kinder, den Glauben nun selber zu bekennen, den einst bei der Taufe die Paten für sie gelobten. Und damit dies in rechter Erkenntnis und vollem Bewußtsein geschehe, ist es wünschenswert, daß der Verstand erst gereist und die Denkkraft einigermaßen entwickelt sei, was vor dem sechzehnten Jahre doch nur unvollkommen der Fall sein kann. Schon die Zeit der Vorbereitung, der Unterweisung des Geistlichen im Religionsunterricht, soll eine ernste für den angehenden Konfirmanden sein und alle lauten weltlichen Vergnügungen nach Möglichkeit fern gehalten werden. Fromm veranlagte Gemüter, namentlich beim weiblichen Geschlecht, werden häufig in dieser Zeit an Überschwang religiöser Gefühle leiden, die unter Umständen zur Askese führen können. Es wird also Pflicht der Eltern und Erzieher sein, auch solche Fälle zu berücksichtigen, ein wachsames Auge auf die Kinder zu haben und allem ungesunden Übermaß verständig vorzubeugen. Wo aber das Gegenteil zutrifft und die jungen Seelen weder fromm beanlagt noch fromm erzogen wurden, müssen sie wenigstens darauf hingewiesen werden, daß diese Lebensepoche der innern Einkehr und dem Nachdenken über den Ernst des Lebens gewidmet sein muß, in das sie nun bald eintreten sollen. Streng ist darauf zu halten, sich nicht zu sehr mit äußerlichen Dingen und weltlichem Tand, als welcher in erster Linie der Anzug zur Konfirmationsfeier zu nennen, zu beschäftigen, wie auch Eltern garnicht dringlich genug darauf hingewiesen[157] werden können, diesen Anzug nicht zu wählen, als gälte es der Einführung in die Gesellschaft oder einer Vorstellung bei Hofe. Je einfacher, je schöner – Jugend wird durch Jugend selber am schönsten geschmückt und immer wieder kann man sich überzeugen, daß, je höher hinauf auf der Stufenleiter der Gesellschaft, je einfacher und zweckmäßiger die Einsegnungsanzüge gehalten werden. Schmuck ist ganz zu vermeiden bis auf ein Kreuz, das an seiner Goldkette die Brust der Konfirmandin schmückt, oder allenfalls einen einfachen Ring von lieber Hand geschenkt. Nichts geschmackloser und protzenhafter, als ein junges Mädchen vielleicht im Schimmer von Brillanten an den Altar treten zu lassen, um das fromme Gelöbnis abzulegen und zum erstenmale an der Abendmahlfeier teilzunehmen.

Die Farbe der Einsegnungskleider richtet sich nach der Sitte des Landes oder auch der Stadt. Für die Mädchen sind weiße Kleider jedenfalls das Schönste und Sinnigste, wo es aber Sitte, in Schwarz zu er scheinen, würde die Ausnahme des einen oder andern weißen Gewandes störendes Aufsehen erregen und solches ist, wie ja in allen Lebenslagen, bei einer derartig ernsten Feier noch peinlicher als sonst zu vermeiden. In süddeutschen katholischen Ländern tragen die Mädchen bei der Firmelung Blumenkränze im Haar, an manchen Orten und in höheren Gesellschaftsklassen auch Schleier, ähnlich den langeinhüllenden Brautschleiern. In protestantischen Landen tritt als Blumenschmuck[158] an Stelle des Kranzes ein Handstrauß – fast möchten wir sagen ein Sträußchen, um damit anzudeuten, wie durchaus unpassend die Riesensträuße sind, durch welche man sich eine Zeitlang gegenseitig zu überbieten suchte, die aber jetzt Gott sei Dank wieder außer Mode gekommen sind. Auch die Farbe der Blumen ist bei den Einsegnungssträußen nicht gleichgültig, man wählt gewöhnlich Weiß, aber auch Veilchen, Heliotrop, mattrosa und gelbe Rosenknospen sind passend. Die Myrte darf nicht fehlen als glückbringendes Vorzeichen für die einstige Bestimmung der Konfirmandin.

Weiße Handschuhe sind unerläßlich bei Mädchen, Knaben können auch dunkle tragen, wie es auch nicht störend, wenn bei ihnen der übliche schwarze Anzug durch einen seinen, ganz dunkelblauen ersetzt wird. Frack und hoher Hut wäre nur dann zu empfehlen, wenn die Einsegnung in vorgerückterem Alter, vielleicht mit achtzehn Jahren stattfindet und die äußere Persönlichkeit des Konfirmanden eine entwickelte ist. Nichts lächerlicher, als knabenhafte Figur im Frack und ein unreifes Gesicht unter dem steifen hohen Cylinder.

Es ist üblich daß Verwandte, Freunde und auch Bekannte der Familie von dem Ereignis der Einsegnung je nach dem Grade ihrer freundschaftlichen Beziehungen Notiz nehmen. Erstere werden wertvolle Geschenke, meist überflüssigerweise Schmucksachen spenden, die Freunde andere hübsche und sinnige Gegenstände zur Erinnerung an den Tag[159] geben, bei welcher Wahl in erster Linie Bücher, allen voran ein schön gebundenes Gesangbuch – doch hat man sich da vorher zu verständigen, damit es nicht doppelt und dreifach eintrifft! – zu empfehlen sind, da sie ein dauerndes Andenken bilden. Auch Blumenspenden sind ein stets willkommenes Geschenk, und wo man von letzteren ganz absieht, ist für alle, die zum Hause in irgend einer Beziehung stehen, doch ein herzlicher Glückwunsch, schriftlich oder durch persönlichen Besuch dargebracht, unerläßlich. Große Gastereien an diesem Tage sind so unpassend und unangemessen als irgend möglich, ja geradezu ein Hohn auf die Bedeutung des Tages, der eine ernste innerliche Feier erheischt. Will man dem Konfirmanden zu Ehre eine große Gesellschaft veranstalten, mit dieser sozusagen den neuen Lebensabschnitt einleiten und den nun Erwachsenen als vollgültiges Mitglied in die Gesellschaft einführen, so hat das ja durchaus seine Berechtigung, kann und muß aber einige Zeit nach der Feier geschehen. Daß zu dieser Gesellschaft alle geladen werden, die von dem Ereignis in freundlicher Weise Notiz nahmen, ist selbstverständlich; ebenso ist es üblich und Forderung des Anstands, daß Konfirmierte – die Töchter in Begleitung der Mutter all diesen einen Besuch machen, um ihren Dank für empfangene Freundlichkeit auszusprechen und sich als Erwachsene vorzustellen, die von nun an bei den Einladungen zu berücksichtigen sind!

Zuletzt – doch gilt das Letzte hier wahrlich nicht[160] dem Geringsten! – ist auch des Geistlichen oder vielmehr der materiellen Entschädigung zu gedenken, welche dieser für den Vorbereitungsunterricht und die Einsegnung zu beanspruchen hat. Die Höhe derselben richtet sich nach Stand und Vermögenslage der Eltern und es wäre weder nobel noch dankbar, hier knapsen und sparen zu wollen, besonders da zu bedenken, daß in jeder Konfirmandenschar so viele Arme sind, die nichts entrichten können. Auch hier ist die Art des Überreichens besonders zu berücksichtigen und es wohl am passendsten, wenn die Eltern das Honorar mit dankendem Begleitschreiben direkt übersenden. Giebt man es, wie oft geschieht, dem Konfirmanden mit, wenn er den Geistlichen behufs Abholung des Einsegnungsscheins – falls der Küster solche nicht verabfolgt – Besuch macht, darf wohl kaum erst darauf hingewiesen werden, daß die Summe im geschlossenen Umschlag zu überreichen ist. Doch sollten feinfühlige Eltern dem Geistlichen unter allen Umständen ersparen, dies Honorar aus der Hand des Konfirmanden entgegenzunehmen, was stets mehr oder weniger peinlich sein wird.[161]

Quelle:
York, B. von: Lebenskunst. Leipzig [1893], S. 156-162.
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