Ausstellung zur Silberhochzeit des Kronprinzenpaares

[3] Die ersten Monate des Winters 1882/83 waren für mich namentlich mit Vorbereitungen zur Silberhochzeit des Kronprinzenpaares ausgefüllt. Die Kronprinzessin hatte, auf vertrauliche Anfrage unsererseits, den Wunsch ausgesprochen, es möge zur Feier des Tages einmal eine Ausstellung von Werken aus Berliner Privatbesitz gemacht werden, während die Museen den Tag, den 25. Januar 1883, mit einer Festschrift zu feiern beschlossen. Die älteren Direktoren waren zur Abfassung einer solchen nicht zu bewegen, so daß ich sie übernehmen mußte. Ich wählte das Thema »Die italienischen Porträtskulpturen des XV. Jahrhunderts in den Kgl. Museen zu Berlin«. Die Ausstattung dieser Festschrift in Druck und Bild geschah durch die Reichsdruckerei, die unter dem einige Zeit vorher aus Wien berufenen Professor Roese nach der künstlerischen Seite sich sehr glücklich entfaltete. Um eine Entwicklung des plastischen Porträts in Italien zur Zeit der Frührenaissance zu zeigen, war unser Besitz an trefflichen Originalen dieser Epoche in der Tat schon vielseitig und bedeutend genug, so bedeutend, daß damals der jungen Abteilung der italienischen Plastiken in dem großen Westsaal der Antikenabtei lung ein Abschnitt überlassen war, den ich durch Scherwände in vier Kabinette teilte und namentlich mit den besten Renaissancemarmorwerken ausstattete. Im Augenpunkt der Schlußwand hatte der Giovannino seinen Platz gefunden. Die Festschrift fand den ungeteilten Beifall nicht nur des hohen Paares, für das sie geschrieben war, sie bot tatsächlich in ihrer ganzen Erscheinung das, was man für ihre Zeit verlangen konnte.[3]

Die Ausstellung war ein großer Erfolg, aber leider mußte die feierliche Eröffnung infolge des plötzlichen Ablebens des alten Prinzen Karl unmittelbar vor dem Festtage unterbleiben. Als Lokal hatte man, da ein anderes Gebäude nicht zu finden war, die Ausstellungsräume der Alten Akademie Unter den Linden gewählt, die dafür neu hergerichtet und – als modernes Zugmittel – mit elektrischem Licht für Abendbesuch ausgestattet wurden. Als Komitee waren Graf Seckendorff, Oskar Huldschinsky, Dr. Dohme und ich zusammengetreten. Der Graf und Dr. Dohme hatten die Auswahl aus den Schloßbildern übernommen, die uns der alte Kaiser zur Verfügung gestellt hatte; Hainauer besorgte die Ausstattung und die Sonderausstellung seiner eigenen Kunstschätze, während ich für die Zusammenbringung aller anderen Gemälde aus Privatbesitz und ihre Aufstellung und Katalogisierung zu sorgen hatte. Dadurch, daß Dohme plötzlich schwer erkrank te und Graf Seckendorff mit den Vorbereitungen der Festlichkeiten am Hofe vollauf beschäftigt war, blieb schließlich die ganze Fertigstellung an mir hängen. Der Erfolg lohnte die Bemühungen schon dadurch, daß diese erste große Ausstellung alter Kunst aus Privatbesitz in Berlin das Vorbild für manche folgende und einen starken Anstoß zur Lust am Sammeln in Privatkreisen Berlins gegeben hat. Dazu mag auch die Dekorierung von Oskar Hainauer mit dem Kronen-Orden 2. Klasse für sein Verdienst um die alte Kunst nicht ganz ohne Einfluß gewesen sein. Die Ausstellung war sehr geschmackvoll und konnte sich durch die Fülle der schönsten französischen Bilder des Schlosses (darunter allein neun Watteaus) und der trefflichen Renaissanceskulpturen vom Grafen Pourtalès und von Oskar Hainauer den besten ähnlichen retrospektiven Ausstellungen in Paris und selbst in London an die Seite stellen.

Durch Hainauer war ich kurz vorher in Beziehung zu dessen Hausfreund Baron Holstein im Auswärtigen Amt getreten, und dieser machte mich damals mit einem ihm nahestehenden früheren Diplomaten Graf Dönhoff-Friedrichstein bekannt.[4] Beide sind mir hinfort in meinen Bemühungen für unsere Museen in ihrer Weise behilflich gewesen und haben mir stets wie Freunde zur Seite gestanden.

Quelle:
Bode, Wilhelm von: Mein Leben. 2 Bde, 2. Band. Berlin 1930, S. 3-5.
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