Beziehungen zu Privatsammlern

[39] Die häufigen Reisen in diesen Jahren boten mir Gelegenheit, auch Privatsammlern in reicherem Maße als bisher durch Erwerbungen behilflich zu sein. Die Zahl der Sammler in Berlin wuchs allmählich an, je mehr die Erwerbungen unserer Museen bei wirklichen Kunstfreunden Anerkennung fanden, und je mehr durch unsere Ausstellungen alter Kunstwerke in Privatbesitz bekannt wurde, wie günstig und vorteilhaft unter meiner Beihilfe einzelne Kunstfreunde bereits gesammelt hatten. Oskar Hainauer, Wilhelm Gumprecht und Adolf Thiem in Berlin wie H. Vieweg in Braunschweig und Baron Heyl von Herrnsheim in Worms war ich nach wie vor beim Sammeln behilflich. In Berlin habe ich damals und in der Folgezeit James Simon, Gustav Güterbock, Hermann Wallich, Valentin Weisbach, W. von Dirksen, Karl von der Heydt und Oskar Huldschinsky geholfen, ihre Wohnungen mit Gemälden und Kunstwerken aller Art auszustatten, meist bei Gelegenheit von Neubauten, die sie für sich errichten ließen. In ähnlicher Weise war ich Graf Dönhoff-Friedrichstein, dem bayerischen[39] Gesandten Baron Heinrich von Tucher (damals in Paris, später in Rom und Wien) und Rudolf Kann in Paris beim Sammeln behilflich. Die Berliner Herren hatten regelmäßig mit kleinen Erwerbungen auf eigne Faust im Auktionshaus von Rudolf Lepke, in Karlsbad oder sonstwo begonnen. Wenn sie dann schließlich zu der Überzeugung kamen oder gebracht wurden, daß sie dabei keine großen Schätze gewonnen hatten, kamen sie regelmäßig zu mir, um sich Rat zu holen, was sie abstoßen und wie sie weiter sammeln sollten. Selten nur haben sie mir (auch dann freilich innerhalb mäßiger Preisgrenzen) die Freiheit gelassen, für sie ganz nach meinem Ermessen in der Richtung, die ihnen sympathisch war, Erwerbungen zu machen.

So tat es vor allem James Simon, der damals zur Ausstattung Gemälde holländischer Meister sammelte. Was ich daneben an Bildern, Plastiken und Arbeiten der Kleinkunst italienischer Renaissance, namentlich Medaillen und Bronzen für ihn sammelte, hat er dem Kaiser-Friedrich-Museum bei seiner Eröffnung 1904 als Patengeschenk dargebracht. Völlig freie Hand ließ mir Alfred Thieme in Leipzig. Er hatte seine erste Sammlung alter Bilder 1886 der Städtischen Galerie in Leipzig geschenkt und mich gebeten, ihm bei der Bildung einer neuen Sammlung behilflich zu sein. Über diese neue in sich sehr abgerundete Sammlung holländischer Gemälde des 17. Jahrhunderts, die im wesentlichen zwischen den Jahren 1887 und 1893 zusammengebracht wurde und neben einer Reihe tüchtiger Bilder seltener Meister Gemälde von Rembrandt, F. Hals, Jac. Ruisdael, A. Cuijp, P. de Hooch, A. Brouwer u.a. enthält, habe ich später (1900) zusammen mit dem Sohne Dr. Ulrich Thieme einen illustrierten Katalog herausgegeben, in dem ich mich über meine damalige Tätigkeit für Privatsammler im allgemeinen geäußert habe.

Quelle:
Bode, Wilhelm von: Mein Leben. 2 Bde, 2. Band. Berlin 1930, S. 39-40.
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