Förderung der reproduzierenden Künste

[18] Die gleiche Buchhandlung, in deren Verlag damals gerade auch unser Museumsjahrbuch überging, für das sie, ebenso wie für eine Reihe größerer unter Lippmanns trefflicher Leitung ausgeführter Reproduktionswerke (die Dante-Zeichnungen Botticellis, die Dürer-Zeichnungen u.a.) keine Mühe und Mittel sparte, begann gleichzeitig auch ein großes »Galeriewerk« unserer Gemäldesammlung zu unternehmen. Veranlassung dazu war weit weniger das Bedürfnis nach Reproduktion der Gemälde, von denen schon mehrere photographische Publikationen vorlagen oder im Erscheinen waren, als, von Seiten des Ministeriums, die Absicht, dadurch die reproduzierenden Künste in Deutschland zu heben.

Zu dem Zwecke hatte das Ministerium auf Veranlassung von Freund Conze, den Leiter des Kupferstichateliers an der Wiener Akademie, Louis Jacoby, schon mehrere Jahre vorher nach Berlin berufen, wo er als künstlerischer Beirat an der Reichsdruckerei und an unseren Museen als »Direktor« angestellt und honoriert wurde. In die Reichsdruckerei hat er kaum je einen Fuß gesetzt, und auch seine Tätigkeit bei den Museen wurde dadurch von vornherein sehr eingeschränkt, daß Lippmann, dessen Abteilung ja für Re produktionen weitaus die wichtigste war, sich jede Beteiligung Jacobys verbat, und daß dieser auch bei der Ausstattung[18] des Jahrbuches ausgeschaltet wurde. Es blieb ihm nur das »Galeriewerk«, in dem die Hauptbilder unserer Sammlung in Stichen und Radierungen veröffentlicht werden sollten. Jacoby war auch für ein solches Unternehmen, zumal wenn es auf die Heranziehung und Ausbildung tüchtiger Kräfte in den reproduzierenden Künsten abgesehen war, durchaus nicht der rechte Mann. Als Schüler von Manzel pflegte er den altmodischen Linienstich, seine Stechweise war glatt und farblos, ohne künstlerischen Reiz. Technisches Verständnis ging ihm ab, und für andere Behandlungsweisen als seine eigene hatte er keinen Sinn.

Er suchte daher wirklich begabte Künstler vom »Galeriewerk« fernzuhalten und dessen Ausführung nur von ihm abhängigen oder ihm befreundeten Leuten zuzuweisen. Am liebsten hätte er die ganze Publikation allein ausgeführt; aber da sein mühseliges, ängstliches Verfahren so langwierig war, daß er z.B. für die Fertigstellung seiner »Schule von Athen« allein etwa 25 Jahre brauchte, so mußte er sich nach Mitarbeitern umsehen. Nur mit Mühe war er zu bestimmen, auch die Radierung zuzulassen. Es kostete den größten, jahrelangen Kampf, um ihn zu bewegen, den trefflichen William Unger, auf den er besonders eifersüchtig war, mit heranzuziehen. Junge Künstler, denen wir die malerische Belebung der reproduzierenden Künste in Deutschland verdanken, wie Peter Halm, A. Krüger, E.M. Geyger, konnten wir nur allmählich und ausnahmsweise neben allen möglichen von Jacoby aufgezwungenen Mittelmäßigkeiten mit heranziehen. Nachdem in etwa fünfzehn Jahren die Publikation unter allen Kämpfen kaum zur Hälfte fertiggestellt war, machte eine böse, von ihm selbst gesponnene Intrige Jacobys Stellung an den Museen ein plötzliches Ende.

Ich habe dann, da der hauptsächlichste Zweck des »Galeriewerkes« seit der Errichtung von zwei (ein behagliches Stilleben führenden) Meisterateliers für Stich und Radierung an der Berliner Akademie fortgefallen war, die Publikation durch Vermehrung der Heliogravüren und Heranziehung[19] einiger tüchtiger junger Radierer wie namentlich Halm und Wolf möglichst rasch zum Abschluß zu bringen gesucht. Auch die Anlage des Textes war verfehlt, da Meyer eine ganze Geschichte der Malerei geplant und begonnen hatte. Immerhin hat dieses kostspielige und langwierige Unternehmen eine Anzahl trefflicher Radierungen und Stiche, namentlich von Geyger, Krüger, Halm, Unger und Wolf aufzuweisen. Zu dem großen Aufschwung, den bei Beginn der Arbeit die reproduzierenden Künste in Berlin nahmen, gab aber dieses Werk keineswegs den Anstoß, noch weniger sein Leiter Professor Jacoby. Er ging zurück auf die eigenste Initiative der eben genannten jungen Künstler, zu denen sich als technisch und zeichnerisch bedeutendster noch Stauffer-Bern gesellte. Den Grund zu dieser glänzenden Entwicklung legte der längere Jahre in Berlin ansässige, begabte und als Lehrer besonders tüchtige Radierer Peter Halm, durch den sowohl Stauffer wie Klinger angeregt und ausgebildet wurden.

Quelle:
Bode, Wilhelm von: Mein Leben. 2 Bde, 2. Band. Berlin 1930, S. 18-20.
Lizenz:
Kategorien: