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[102] Grube, Samstag 12. Sept. 14.


Liebe, Freitag mittag hab ich glücklich meine Truppe wieder gefunden; das Heeresgewirr, durch das ich mich durchgearbeitet habe, hättet Ihr sehen sollen. Das kann man nur erleben, aber nicht sich vorstellen. Und jetzt sind wir schon wieder in Deutschland! (wenigstens die Kolonnen.) Wir zogen von Lubine über den berühmten Vogesenpaß, den Napol. III von St. Dié nach Urbais 1854 anlegen ließ (nicht unähnlich dem Kesselberg), ein prachtvoller Übergang. Auf der Grenze trafen wir die Zerstörungs- u. Verteidigungsreste erbitterter Grenzgefechte von Anfang des Krieges. Wir gingen über Urbais hinaus bis Grube zurück; hier machte ich den Quartiermeister (da man fast nur französisch sprechend von den Elsässern was erreichen kann (!!). Ich habe dabei für mich nicht schlecht gesorgt, ein reizendes Zimmerchen, famoses Bett, durchgeschlafen von 8h bis 6h, Waschgelegenheit, Frühstückskaffee u.s.w. Man wird ganz kindisch im Genuß solcher – Selbstverständlichkeiten d'autrefois. Ob wir nun nach Schlettstadt-Belfort kommen od. allmählich wieder über den Paß nach Frankr. vorgehen, ist bis jetzt nicht zu ermitteln. Ich wollt, wir blieben einmal ein paar Tage hier. Ich bin gestern 18 Stunden geritten! Wie geht es wohl Dir, liebe Maman, u. Dir, Maria, u. den Tieren u. dem Garten? Spielst Du viel auf dem Flügel? Was machen unsre Äpfelchen? Kuß Euer Fz.

Quelle:
Franz Marc: Briefe, Schriften, Aufzeichnungen. Leipzig: Gustav Kiepenheuer, 1989, S. 102.
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