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[164] 16.X.15.


Liebste, heute schickte mir Kahle wieder eine Arbeit über das ägyptische Schattenspiel, das ›Krokodilspiel‹, – sehr anregend; ich bin eigentlich sonst zum Lesen jetzt ganz unfähig, höchstens so ganz ausgefallene, unvorhergesehene Sachen freuen mich. Alles andere[164] scheint mir so fatal bekannt, voll europäischer Tendenz und unnötig, ›ohne Not‹. Ich müßte jetzt bald arbeiten können, – das Lesen hat jetzt keinen Sinn für mich. Über das Kriegsende bin ich immer noch guten Mutes; mir scheint ein Waffenstillstand wirklich sehr im Bereich der winterlichen Möglichkeiten. Über meine Abkommandierung hab ich noch nichts weiter gehört; hoffentlich verschiebt sie sich noch eine oder 2 Wochen, schon um des wunderbaren Herbstes willen, – das Reiten ist jetzt zu schön! – Die Offensive stumpft sich ja auch ganz ab; ich glaube, wir bekommen hier nicht mehr viel zu tun. Meine einzige Sorge ist Helmuth. Mit Küssen Dein Fz.

Quelle:
Franz Marc: Briefe, Schriften, Aufzeichnungen. Leipzig: Gustav Kiepenheuer, 1989, S. 164-165.
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