Alce

Alce.
Alce.

[29] Alce.

Alce sive Alces, frantzösisch Elan und Eland, teutsch ein Elend, ein Elendthier, ist ein vierfüßiges, wildes Thier, mit Hörnern, so groß als ein Pferd, welches etwas von einem Hirsch, Esel und Bocke hat. Es ist bärtig, und von dem Haupte an bis auf die Vorderbüge mit langen Haaren bedecket. Seine Farbe ist insgemein grau und weißlicht. Sein Kopf ist sehr groß, die Augen funckelnd, die Leffzen groß und dick, die Zähne mittelmäßig, die Ohren lang und breit, das Gehörn wie eines Dannenhirsches Geweihe, so zusammen auf zwölff Pfund wieget, und alle Jahre von ihm abgeworffen und wieder aufgesetzet wird: das Weiblein aber hat gar keine Hörner. Der Bauch ist groß und weit, als wie an einer Kuh, der Schwantz sehr klein, die Schenckel lang und rahn, die Füsse schwartz, die Klauen, als wie eines Ochsen, gespalten. Das Fell ist sehr hart, und auf dem Rücken mit grauen und mäusefahlen Haar besetzt. Dieses Thier findet sich in Polen, in Preussen, in Schweden und in Norwegen, auch in Canada. Es ist sehr schüchtern, und begiebt sich deswegen ins Wasser, wann es gejaget wird: sonst hat es eine grosse Stärcke. Es prunftet eben wie der Hirsch. Mit der schweren Noth ist es sehr geplaget, und man hält dafür, daß es sich davon befreyen möge, wann es die lincke Klaue ins Ohr stecken kan. Deshalben wird auch die Klaue vom lincken Hinterlauffte in der Medicin weit höher geachtet, als wie die vom rechten. Die Klaue, lateinisch Ungula alcis, teutsch Elendsklau, wird gebrauchet, und muß ausgesuchet werden, die fein schwer und dichte ist, glatt, gläntzend und schwartz. Es führet viel flüchtiges Saltz und Oel bey sich.

Die Elendsklaue wird unter die Artzneymittel wider das schwere Gebrechen genommen, und entweder innerlich gebrauchet, oder man hänget ein Stücklein davon an den Hals, oder lässet Ringe an dem Finger tragen, dieses Unglück dadurch abzuhalten: wiewol dergleichen amuleta wenig oder gar nichts helffen.

Die andern Füsse vom Elend-Thier sind eben also gut, als wie der Hinterfuß: dann, was er wircket, kommt alles von dem flüchtigen Saltze, dessen in dem einen so viel vorhanden, als wie in dem andern, nur daß man sie nicht brauchet.

Die Elendshaut brauchen ein und andere Handwercker, als wie die Büffelshaut.

Alce, griechisch ἀλκὴ, vis & robur, Macht und Stärcke, dieweil des Elendthier ein mächtig starckes[29] Thier ist. Das frantzösische Wort Elan aber kommt von dem teutschen Worte Elend her, weil dieses Thier ofters mit dem bösen Wesen befallen wird, und theils, weil es an wild- und wüsten Orten, in Einöden sich pflegt aufzuhalten, allwo es kaum so viel mag finden, damit es sich ersättigen kan.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 29-30.
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