Argentum

[97] Argentum.

Argentum sive Luna, frantzösisch, Argent, teutsch, Silber, ist ein sehr dicht und schweres Metall, hart, blanck, glatt und gläntzend, es läst sich unter dem Hammer wohl ausdehnen, bestehet aber auf der Capelle. Es wird in Europa aus vielen Bergwercken gezogen, kommt aber in weit grösserer Menge aus America, z.E. von Rio de la Plata, aus Peru. Es ist vielmahls mit weissen crystallinen Stein oder Quartz vermenget, und mit Gold, Kupfer oder Bley vermischt. Wann es nun aus dem Schachte kommt, so reinigen sie es mit Quecksilber und verführens hernach. Die es aber so hoch reinigen wollen, als es nur immer seyn kan, verrichten solches durch die Capelle und durchs scheiden auf folgende Weise.

Sie lassen eine Capelle wohl durchglühen, legen alsdann drey oder viermahl soviel Bley darauf, als das Silber ist, das sie abtreiben wollen: lassen das Bley zerschmeltzen und sich ausbreiten, so ziehet in wenig Zeit ein guter Theil desselben in die Löchlein der Capelle, und erfüllet dieselben. Das Silber wird hiernechst mitten auf die Capelle gelegt, so fliesset es gar bald: alsdann wird das Feuer dermassen gestärcket, daß die Flamme auf diese Materie zurücke schlagen muß, da gehet dann alsdann alles unreine in das Bley, weil dieses Metall schweflicht ist, und das grobe besser fassen und umgeben kan, als das Silber. Das Feuer treibt das unreine Gemisch an den Rand herum in Gestalt der Schlacken oder eines Schaumes, das Silber aber bleibet in der Mitten rein und nett. Daß aber solche Reinigung vollendet, wird an dem Dampfe erkannt, welcher alsdann aufzusteigen pfleget. Das Silber wird alsdann in einen Inguß geschüttet, bis es erkaltet: das heist alsdann Argent de Coupelle, Argentum cupellatum, Capellensilber oder cupellirt Silber. Aus denen mit dem Bley vermischten Schlacken entstehet das Lithargyrium, davon an seinem Orte soll gehandelt werden. Diese Schlacken aber sind nichts anders, als einige Theilgen von andern Metallen, oder Marcasiten, welche bey dem Silber verblieben, als es aus dem Schachte ist gezogen worden.

Es ist dabey zu mercken, daß das Silber weit eher fliesse, wann es solchergestalt ins Bley geleget wird,[97] als wann es alleine in einen Schmeltztiegel wäre geleget worden, indem die schwefelichten Theilgen des Bleyes sehr viel zum Fluß desselbigen verhelffen.

Durch diese Reinigung wird das Silber von allen andern Metallen gesaubert, ohne von dem Golde nicht, als welches sowohl als das Silber, auf der Capelle bestehet, daher man nicht versichert seyn kan, daß dieses cupellirte Silber gäntzlich reine worden. Und deshalben nimmt man seine Zuflucht zu einer andern Arbeit, die heist das Scheiden, frantzösisch depart, wann man auch das wenige bisgen Gold, das etwa noch darinn verblieben, davon sondern will. Damit wird auf nachfolgende Weise verfahren.

Man läst bey starckem Feuer, drey Theil Silber und ein Theil Gold, in einem Schmeltztiegel unter einander fliessen, giesset solches hierauf nach und nach in kaltes Wasser, so körnet oder granuliret es sich; das Wasser giesset man ab, läst die Körner trocknen, und löset sie in zwey oder dreymahl so viel Scheidewasser auf, so gehet das Silber ins Scheidewasser ein, oder wird darinne aufgelöset, und das Gold fällt auf den Boden des Geschirres, dann es durch dieses Wasser und dissolvens nicht mag aufgelöset werden.

Dabey ist zu mercken, daß man deswegen Gold und Silber unter einander vermischet, damit, wann vielleicht das Silber einiges Gold annoch hielte, solches mit dem darzu gemischten zugleich möge niedergeschlagen werden. Dieses niedergeschlagene Gold wird Scheidegold genennet, und kan gar leichtlich zu Zainen gemachet werden, wann man es nur in einem Tiegel, benebst etwas wenig Borrax fliessen läst, und alsdann in einen Inguß ausgiesset.

Das aufgelösete Silber giesset man in ein irdenes Gefäß, darinne viel Wasser und eine Platte Kupfer ist gethan worden, lässet solches Gemeng fünff oder sechs Stunden lang ungerühret stehen, oder bis das Silber niedergefallen und sich gleichsam an das Kupfer angehänget hat: hernach bringt mans zusammen, und läst es trocken werden. Das heist alsdann niedergeschlagen Silber: wird auch bisweilen Silberkalck genennet. Das Wasser, so zum niederschlagen ist gebrauchet worden, wird davon blau, weil es etwas Kupfer zugleich hat aufgelöset, und wird Eau seconde, aqua secunda, das andere Wasser genennet. Man brauchet es zum reinigen, und das wilde Fleisch weg zu beitzen, wann es äusserlich aufgeleget wird.

Man könte auch das aufgelösete Silber mit Saltzwasser niederschlagen: dann das Seesaltz thut eben was die Kupfertheilgen thun, das heist, es stösset harte an die Spitzlein des Scheidewassers, welche die Silbertheilgen gleichsam aufgehenget halten, zerbricht dieselben und verursachet, daß sie ihre Beute müssen fahren lassen, so daß das Silber, weil es von nichts nicht mehr gehalten wird, durch sein eigen Gewichte zu Boden fällt.

Das niedergeschlagene Silber wird hernach in einem Tiegel mit etwas Salpeter in Fluß gebracht, in einen Inguß ausgegossen, und solchergestalt zu Zainen gemachet. Dieses Silber ist alsdann das allerreineste, wofern man dergleichen hätte: so aber findet sich gemeiniglich einiger Zusatz von Kupfer dabey, wann es auch gleich noch so sehr gereiniget wäre.

Was beym Golde ein Karat genennet wird, das[98] heist beym Silber auf frantzösisch un Denier, oder auch ein Scrupel. Also hat eine Untze vier und zwantzig Deniers, oder so viel Scrupel, die machen vier und zwantzig mahl vier und zwantzig Gran. Nun dürffte einer solchen Untze Silber beym probiren nichts abgehen: wann ihr aber ein Scrupel auf der Capelle abgehet, so ist das Silber nur von drey und zwantzig Denier oder Scrupel: fehlen ihr zwey Scrupel, so heist es nur von zwey und zwantzig Deniers. Allein vom Silber sagt man nicht, es hält vier und zwantzig Deniers, als wie vom Golde, es hält vier und zwantzig Carat: sondern der silberne Denier wird dupliret, und heist alsdann Argent de douze deniers, darunter wird das rein- und feinste Silber verstanden: also auch argentà onze denier & demy, argent à onze deniers, Silber von eilff und einen halben Denier, von eilff Denier, um dadurch seinen Halt und Reinigkeit oder Feine anzudeuten, und so fort an.

Argent de vaisselle, Silber das zum Silbergeschirr gebrauchet wird, hält einen Theil Kupfer auf vier und zwantzig Theil Silber, hingegen das cupellirte Silber mehr nicht als einen vierten Theil auf fünff und zwantzig Theil Silber.

Das feinste Silber wird zu gantz zart- und dünnen Blättlein geschlagen; das brauchen wir zur Artzney: an deren statt kan auch das niedergeschlagene Silber gebrauchet werden.

Das Silber dienet für solche Leute, welche zuviel Quecksilber in den Leib bekommen haben, es sey entweder durch reiben, oder durch den Mund geschehen; dann es verbindet oder amalgamiret sich mit demselbigen im Leibe, und benimmt ihm die Macht. Man lässet es von vier Gran bis auf einen Scrupel schwer einnehmen, ja man kan noch mehr davon geben, ohne daß einige Gefahr dabey zu besorgen. Man will wohl auch angeben, ob sey es für die Gebresten des Gehirns gut, allein da hilfft es nichts.

Argentum kommt vom Griechischen ἄργυρος, das bedeutet auch Silber.

Luna wird es genennet, weil die Astrologi und Alchymisten gläuben, dieses Metall und der Mond bestünden aus einerley Materie, und daß jenes von diesem zu seiner Nahrung dessen Einfluß unaufhörlich empfienge.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 97-99.
Lizenz:
Faksimiles:
97 | 98 | 99
Kategorien:

Buchempfehlung

Kleist, Heinrich von

Die Hermannsschlacht. Ein Drama

Die Hermannsschlacht. Ein Drama

Nach der Niederlage gegen Frankreich rückt Kleist seine 1808 entstandene Bearbeitung des Hermann-Mythos in den Zusammenhang der damals aktuellen politischen Lage. Seine Version der Varusschlacht, die durchaus als Aufforderung zum Widerstand gegen Frankreich verstanden werden konnte, erschien erst 1821, 10 Jahre nach Kleists Tod.

112 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon