Cerasa

[272] Cerasa.

Cerasa, Cerasia, frantzösisch, Cerises, teutsch, Kirschen, sind kleine, runde wohlbekannte Früchte. Es giebet ihrer gar vielerley Arten. Die gemeinsten heissen auf lateinisch Cerasa agriotta, Cæs. Cerasa acida & vulgaria, Trag. frantz. Aigriottes, teutsch, saure Kirschen. Sie sind rund, roth und schmecken säuerlich, doch lieblich. Sie wachsen auf einem Baum von mittlerer Höhe, der heist, Cerasus sativa fructu rotundo ruhro & acido, Pit. Tournef. sive Cerasus acida, Brunf. Matth. frantzösisch, Cerisier domestique ou cultivé, à fruit rond, rouge & aigre, teutsch, der zahme Kirschbaum, mit runden, rothen und sauren Früchten. Dessen Blätter sind länglicht, spitzig und am Rande ausgezackt. Seine Blüte hat fünff Blätterlein in Rosenform, von weisser Farbe.

Es giebet auch eine Art roth und weisser Kirschen, die sind dicker als die vorhergehenden, und haben ein härter und süsser Fleisch. Frantzösisch heissen sie Bigarreaux ou Guignes, lateinisch Cerasa alba dulcia[272] cia, C. B. teutsch, süsse weisse Kirschen, so finden sich auch schwartze.

Noch hat man kleine schwartze wilde Kirschen, Vogelkirschen, mit langen Stielen, die werden auf frantzösisch Merises genennet. Sie sind voll süsses angenehmes Safts, der aber die Hände und den Mund ein wenig purperroth oder schwartz zu färben pflegt. Sie wachsen auf einem Baume, Cerasus major ac sylvestris, fructu subdulci, nigro colore inficiente, C.B. frantzösisch, Cerisier sauvage, ou Merisier, wilder Kirschenbaum, Vogelkirschenbaum genannt. Dieses sein Holtz wird zu Clavichordien und andern musicalischen Instrumenten gebrauchet, dann es ist klingend.

Alle Kirschen beschliessen einen Stein, der ist schier kugelrund, steinhart, und beschleust einen kleinen Kern oder Samen, von angenehmen Geschmack, jedoch ein wenig bitter.

Die Kirschen haben viel Feuchtigkeit oder phlegma, ein wenig Oel und Sal essentiale.

Sie stärcken Hertz und Magen, und eröffnen: sie kühlen und mildern die scharffen Feuchtigkeiten: halten den Leib offen: widerstehen dem Gifte: und sind gut zu den Zufällen des Gehirns.

Die Kirschsteine werden wider den Nieren- und Blasenstein dienlich erachtet, wann sie gegessen werden: so werden sie auch unter die Umschläge gemischet, die man um die Stirne schläget, wann man bey währender Hitze des Fiebers Hauptschmertzen empfindet.

Aus dem Stamm und Aesten des Kirschbaums fleust ein gleissend und röthlicht Hartz, das wird Gummi Cerasorum, Kirschhartz, frantzösisch, Gomme de Cerisier genannt. Das eröffnet, treibet den Harn, bricht den Stein, wann es eingenommen wird. In Wasser zerlassen, und es äusserlich gebraucht, dienet es wider die Krätze und Flechten.

Der Kirschaum hat seinen lat. Namen von einer Stadt in Ponto gelegen, bekommen, welche Cerasus, geheissen, heut zu Tage aber Chirrisonda, von dar er von Lucullo einem Römischen Befehlshaber nach Rom gebracht ist worden. Griechisch heist er κέρασος, und die Kirschen κερἀσια.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 272-273.
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