Cerusa

[278] Cerusa.

Cerusa, frantzösisch, Ceruse, teutsch, das Bleyweiß, ist Bley, welches von der Dunst des Eßiges durchdrungen, dünne gemacht und wie halb aufgelöset, hernach zu einer sehr weissen, schweren Materie, die leichtlich zu zerreiben, worden ist. Wann sie Bleyweiß machen wollen, so schlagen sie das Bley zu gantz dünnen, zarten Platten oder Blättern aus, die rollen sie darauf zusammen, und legen sie[278] über kleine Höltzer, die in grossen irdenen Töpfen veste angemachet sind, so daß das Bley gleichsam wie schwebet; alsdann schütten sie Eßig auf den Boden der Töpfe, und, wann sie mit Bleye angefüllet sind, verstopfen und verwahren sie dieselben gantz genau, und setzen sie in den Mist, oder aber wo die Wärme sonsten darzu kommen kan, damit der Eßig sich erhitze und einen Dampf von sich geben möge, der die Materie gantz unvermercket dünne machet und zerfrist. Wann nun die Töpfe vier Wochen lang im Miste gestanden, so nehmen sie dieselbigen heraus, und öffnen sie, da befinden sie, daß alle diese bleyernen Blätter in eine weisse, gar brüchige Materie verwandelt worden sind, und das wird auf frantzösisch blanc de plomb, auf teutsch, Bleyweiß genannt: die Blätter werden zerbrochen und von den Mahlern gebrauchet. Sie sollen erlesen werden, wann sie zarte und schön rein, und auswendig, wie inwendig sein weiß sehen.

Das Bleyweiß reiben sie auf einem Reibesteine mit etwas Wasser ab, und machen einen Teig davon, aus diesem aber, in gewissen Formen, spitzige, wie kleine Pyramiden gestaltete Stücken, welche sie trocken werden lassen, damit sie können versendet werden. Sie wickeln dieselben in blau Papier viel lieber, als in anderes, damit das Bleyweiß desto weisser scheinen möge. Das beste, reineste und weisseste Bleyweiß wird uns von Venedig überbracht: unter das holländische und teutsche aber wird, wie Pomet angemercket hat, eine Gattung weisser Kreide oder Mergel gemischet. Man soll dasjenige erwehlen, welches feine gantze und grosse Stücken hat, die schneeweiß sehen, trucken sind, und sich gelind anfühlen lassen, auch leichtlich brechen. Es ist eigentlich zu reden, nichts anders, als Bley, welches gantz voll Spitzen von dem Eßig sitzt.

Es trocknet, kühlet und zertheilet; und wird zu Salben und zu Pflastern gebraucht.

Cerusa vel Cerussa, griechisch κεροῦσσα, kommt von κηρὸς, cera, das Wachs, dieweil das Bleyweiß also weiß und linde ist, wie Wachs.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 278-279.
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