Sperma Ceti

[1068] Sperma Ceti.

Sperma cetti.

frantzösisch, Nature de Baleine, oder Blanc de Baleine.

teutsch, Wallrath.

Ist das Gehirn von einem Wallfisch, männlichen Geschlechts, Orca, Byaris, Cachalot genannt Besiehe Pomets aufrichtigen Materialisten.

Dieser grosse Fisch ist in der See, langs an der Küste von Gallicien, in Spanien und in Norwegen sehr gemein. Er ist auf fünff und zwantzig Schuhe lang, und mag wol zwölff Fuß doch und dicke seyn. Jedweder seiner Zähne wieget ein Pfund: sie werden zu allerhand Arbeit gebraucht.

Wann sie das Gehirne aus des Wallfisches Kopf herausgenommen haben, so lassen sie es bey gantz gelindem Feuer zergehen, und schütten es in Formen, die wie ein Zuckerhut formiret sind, damit es kalt werde und gerinnen möge: da sondert sich das Oel und einige wässerige Feuchtigkeit davon, dadurch der Wallrath sonst verderben würde, wann man sie nicht austrieffen liesse. Dieses wird zum andern mahle und so lange wiederhohlet, bis daß die Materie recht reine und gantz weiß. Hernach zerschneiden sie es gemachsam mit einem Messer entzwey, und machen solche gläntzende Schupen daraus, als wie wir es zu sehen kriegen.

Diese Materie ist darum Sperma ceti genennet worden, dieweil die Alten geglaubet haben, es sey der Samen des Wallfisches, der oben auf dem Wasser in der See herum schwimme, und der an das Gestade getrieben und allda gesammlet würde. Viele[1068] von den neuern Scribenten haben diese Meinung verworffen, haben aber eine andere auf die Bahn gebracht, welche nicht viel besser ist. Dann, sie haben gemeldet, was des Wallfisches Natur und Samen genennet werde, sey ein Hartz aus der See, oder ein Meerschaum, der von dem Winde an den Strand geworffen und daselbsten aufgesammlet würde.

Man möchte sich wundern, warum der Ursprung dieser Materie so lange Zeit verborgen blieben; indem kaum dreyßig Jahr verflossen sind, da es bekannt geworden ist, daß sie aus des Wallfisches Kopfe genommen werde. Das erste Licht, das wir davon zu Paris bekommen haben, ist uns in denen Unterredungen des abgelebten Herren Abtes Bourdelot gegeben worden.

Der Wallrath wird uns insgemein von Bayonne und von Saint Jean de Luz gesendet. Man soll ihn erwehlen, wann es feine schöne, weisse Schupen sind, die hell und gläntzend: wann sie alt, werden sie gelb. Der Wallrath führet viel Oel und ein wenig flüchtiges Saltz.

Er zertheilet und lindert: er wird unter die Pomaden genommen, die Haut linde und glatt zu machen; ingleichen unter die Pflaster und Salben, die harten Brüste weich zu machen; auch unter die Clystire wider die rothe Ruhr, und unter die Mutterclystire, zum lindern und erweichen. Bisweilen wird er auch eingegeben, und zwar von einem halben bis auf zwey gantze Scrupel schwer, die Schärffe auf der Brust zu mildern.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 1068-1069.
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