48.

Eine Stadt voll Zarter gibt es,

Üb'rall prangt daselbst ein Bild:

Freunde, hört den Ruf der Liebe,

Seid zu handeln Ihr gewillt!

Einen Jüngling frisch wie diesen

Schaut wohl nie das Aug' der Welt,

Wie auch keine schön're Beute

Je in Menschenhände fällt.

Sah man jemals einen Körper,

Der so ganz aus Geist bestand?

Hänge nie von Staubgebornen

Sich ein Staub an sein Gewand!

Wesshalb weisest du so grausam

Mich Gebrochenen von dir?

Einen Kuss nur, ein Umarmen

Mehr erwart' ich nimmer mir.

Lauter ist der Wein, d'rum eile,

Schon die Zeit, d'rum freue dich!

Wer verlässt wohl auf den Frühling

In dem nächsten Jahre sich?

Gleich der Tulpe und der Rose

Halten Zecher in dem Hain,

Eingedenk der Freundeswange

Einen Becher voll von Wein.

Kann ich diesen Knoten lösen?

Mach' ich dieses Räthsel klar?

Ist es doch ein hartes Leiden

Und ein schweres Werk fürwahr!

Jedes Haar Hafisens fesselt

Eines Schelmes Lockenhand;

Misslich ist es d'rum geworden

Zu bewohnen solch ein Land.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 3, S. 143-145.
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