122.

Endlich kam des Märzes Wolke

Und es weht des Neujahrs Hauch;

Weingeld will ich und den Sänger,

Der »Es kam« mir sage auch.

Während alle Schönen kosen,

Schäm' ich meines Beutels mich;

Soll dies Schämen lang noch währen?

Frage ich, o Himmel, dich.

Noth an Grossmuth herrscht; verkaufe

Deiner Wange Wasser nicht;

Aber Wein und Rosen kaufen

Um die Kutte, sei dir Pflicht.

Es eröffnet meinem Glücke,

Wie es scheint, sich eine Bahn:

Denn, als gestern ich gebetet,

Brach der wahre Morgen an.

Hunderttausendfältig lächelnd

Kam die Rose auf die Flur:

Traf sie denn in einem Winkel

Eines Edlen duft'ge Spur?

Riss durch's Zechen auch in Stücke

Mir der Saum; mich kümmert's nicht;

Auch das Kleid durch guten Namen

Zu zerreissen heischt die Pflicht.

Sprach von deinen holden Lippen

Irgend wer so schön wie ich?

Haben deine Lockenhaare

Irgend wen verfolgt wie mich?

Nimmt sich um verliebte Dulder

Der gerechte Fürst nicht an,

Gibt es keinen stillen Klausner,

Der auf Ruhe hoffen kann.

Wer den Liebespfeil entsandte

Auf Hafis, ich weiss es nicht;

Das nur weiss ich: Blut entträufet

Seinem blühenden Gedicht.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 617-619.
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