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Deine Liebe ist ein Wunderbäumchen,

Dein Genuss das höchste Wunderziel;

Mancher stürzt in's Meer sich des Genusses,

Den zuletzt Verwund'rung überfiel.

Der Genuss vergeht wie der Geniesser,

Wo des Wunderns Wahngebild sich zeigt,

Was Verwund'rung wäre? hört' ich fragen,

Wo mein Ohr ich immer hingeneigt.

Zeig' ein Herz mir, dem auf Seinem Wege

Nicht Verwund'rung trat in's Angesicht;

Und besiegt ward durch's Gefühl der Ehrfurcht

Wer geschaut hat der Verwund'rung Licht.

Auch Hafisens Leib vom Haupt zum Fusse

Ist ein Wunderbäumchen bei'm Genusse.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 677-679.
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