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Gerechter Fürst! der Himmel schlürfe

Die Hefe deines Bechers nur;

Dein Gegner, schwarzen Herzens, blute,

Wie Tulpen bluten auf der Flur!

Den Lustschlossgiebel deiner Höhe,

So maasslos an Erhabenheit,

Erklimme des Gedankens Pilger

Nur erst in hundertjähr'ger Zeit!

Es ist der Erde Aug' und Fackel

Dein schwarzes, holdgekraustes Haar:

Der West des Glückes webe Seelen

In seine Locken immerdar!

Du bist der Erde Aug' und Fackel,

O Vollmond der Gerechtigkeit!

Dein Glas und deinen Becher fülle

Der reinste Wein zu jeder Zeit!

Und wenn Sŏhrē zu deinem Lobe

Erhab'ne Lieder angestimmt,

Begleite sie mit Ach und Seufzern

Der Neider, wenn er sie vernimmt!

Es seien die neuen Himmelsteller

Und jenes Gold- und Silberbrot

Der schlechteste von allen Bissen,

Den deines Tisches Lippe bot!

Die Jungfrau meines keuschen Sinnes

Ist ganz mit deinem Lob' vertraut,

Und deiner Hand sei überlassen

Die Mitgift einer solchen Braut!

Es reichte hier in diesem Liede

Dir dein Hafis den Dienstbrief dar,

Und deine Huld, die Sclaven nähret,

Bezeuge diese Schrift als wahr.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 719-721.
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