19.

Versteh'st du, was die Harfe

Und was die Laute spricht?

»Trinkt Wein, doch im Verborg'nen,

Sonst spart man Strafen nicht;

Der Lieb' und den Verliebten

Raubt dann man Ehr' und Preis,

Wälzt Schande auf den Jüngling

Und Vorwurf auf den Greis.«

Sie sagen: »Sprecht und höret

Nichts von der Liebe Macht.«

Gar schwierig ist die Sache,

Die sie da vorgebracht.

Bethört von hundert Listen

Verweil' ich vor dem Thor;

Allein was schlägt für Dinge

Man hinter'm Vorhang vor?

Dem greisen Wirth verkümmern

Die Zeit sie wieder nun;

Sieh nur, was diese Wand'rer

Da mit dem Greise thun!

Wohl hundertfache Ehre

Kauft oft ein halber Blick:

Vor solchem Handel treten

Die Schönen nur zurück.

Der Eine plagt und mühet

Sich um des Freund's Genuss;

Es überlässt der And're

Sich des Geschickes Schluss.

Kurz, du vertraue nimmer

Auf den Bestand der Welt:

Denn eine Werkstatt ist sie,

Wo Wechsel nur gefällt.[347]

Nur eine falsche Münze,

Sonst gar nichts bietet sie,

Indess die Thoren meinen,

Sie trieben Alchymie.

Trink' Wein! Denn Scheïch und Mufti,

Und Stadtvogt und Hafis,

Bei'm Licht beseh'n, verstellen

Sich sämmtlich ganz gewiss.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 345-349.
Lizenz:
Kategorien: