25.

Reiner Wein und holde Schenken

Sind als Netze anzuseh'n,

Da die Klügsten dieser Erde

Ihren Schlingen nicht entgeh'n.

Zwar verliebt bin ich und trunken

Und mein Buch ist schwarz; allein

Tausend Dank, dass meine Freunde

In der Stadt so schuldlos sei'n.

Mache, trittst du in die Schenke,

Anstand zur Bedingniss dir,

Denn Vertraute hoher Kaiser

Wohnen an dem Thore hier.

Kein Dĕrwīsch, kein wahrer Pilger

Geht mit Härte in's Gericht;

Bringe Wein, denn diese Wand'rer

Sind des Pfades Männer nicht.

Sorge, dass sich nicht zertrümm're

Deiner Anmuth Wandelstern,

Denn dann fliehen und entlaufen

Knechte dir und Diener gern.

Blicke auf der Liebe Bettler

Mit Verachtung nicht und Hohn:

Kaiser sind sie ohne Gürtel

Und Monarchen ohne Thron.

Merke dir was ich dir sage:

Wenn des Hochmuth's Winde weh'n,

Will um tausend Demuthgarben

Man kein halbes Korn ersteh'n.

Allen gleichgefärbten Trinkern

Treu zu dienen ist mir Pflicht;

Nur der Schaar im blauen Kleide

Mit dem schwarzen Herzen nicht.

Hoch erhaben ist die Liebe:

Auf, Hafis, ermanne dich!

Denn es halten die Verliebten

Jeden Feigen fern von sich.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 365-367.
Lizenz:
Kategorien: