64.

Einst warst du mehr als jetzt besorgt

Um der Verliebten Schaar,

Und deiner Liebe Spiel mit uns

War weltbekannt sogar.

Erinn're jener Nächte dich,

Wo mancher süsse Mund

Von stillverborg'ner Liebe sprach

Und der Verliebten Bund.

Der Mondgesichter Schönheit stahl

Mir Glauben zwar und Herz;

Allein der Huld und Tugend nur

Galt meiner Liebe Schmerz.

Des Lieblings Schatten fiel mit Recht

Auf den Geliebten hier;

Denn ich bedurfte sein, und er,

Er sehnte sich nach mir.

Noch eh' dies grüne Dach sich hob,

– Ein Bogen von Azur –

Blickt' auf die Bogenbrauen ich

Des Seelenfreundes nur.

Vom allerersten Morgenroth

Bis zu der letzten Nacht

Nahm meine Lieb' und Freundschaft stets

Bund und Vertrag in Acht.

Vergib, wenn in der heil'gen Nacht

Vom Morgenwein ich trank:

Denn trunken kam der Freund, auch stand

Ein Becher in dem Schrank.

Riss mir der Rosenkranz entzwei,

O so entschuld'ge mich!

Des silberfüss'gen Schenken Arm

Hielt ja in Händen ich.[467]

Ein Bettler lehrt' am Königsthor

Ein Sprüchlein mich gar fein:

»An jedem Tisch, an dem ich sass,

Ernährt' mich Gott allein.«

Hafisens Lied zu Adam's Zeit

In Chuld's Gefilden hat

Das Rosen- und Jasminenbuch

Geschmückt als Titelblatt.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 465-469.
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