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Es entbehrt, wenn ich Ihn schaue,

Leicht mein Herz die Wiesenflur;

Gleich Zipressen liegt's in Banden,

Hat, gleich Tulpen, Maale nur.

Keines Menschen Brauen bogen

Neigt sich mein Zipressenbaum;

Denn der Welt entsagt, wer wohnet

In des Winkels engem Raum.

Dass das Veilchen Seiner Locke

Gleichen will, bringt mich in Gluth;

Was dem schwarzen, schnöden Dinge

Doch für Zeug im Hirne ruht!

Nichts als finst're Nacht und Wüsten;

Komm' ich je am Ziele an,

Wenn die Fackel seiner Wange

Mir nicht leuchtet auf der Bahn?

Weinen muss die Morgenkerze,

Und mit ihr zugleich auch ich:

Denn um mich Verbrannten kümmert

Nimmermehr mein Götze sich.

Auf der Wiese wandelnd, blicke

Nach dem Thron der Rose hin:

Denn als Truchsess reicht die Tulpe

Den Pocal der Königin.

Weinen muss ich, gleich der Wolke

Des Bĕhmēn auf dieser Flur:

Den Genuss des Sprossernestes

Hat ja, sieh, der Rabe nur.

Deine Locken überfallen

Nachts das Herz beim Wangenschein:

Wie so kühn sind diese Räuber,

Brechen Nachts bei Fackeln ein!

Das betrübte Herz Hafisens

Bangt nach Liebesunterricht,

Hat nicht Lust an schöner Aussicht

Und verlangt nach Gärten nicht.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 517-519.
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