14.

Seit deines Lockenhaares Spitze

Dem Ostwind in die Hände fiel,

Zerfiel aus Kummer in zwei Hälften

Das Herz, und litt, ach, gar so viel!

Ein Büchlein, das von Schwarzkunst handelt,

Ist dein bezaubernd' Aug' fürwahr;

Doch schlich – dies ist nicht zu bestreiten

Ein Fehler sich in's Exemplar.

Was ist das Maal, das glänzend schwarze,

Das in der Locke Häkchen blitzt?

Dem Tintenpunct ist's zu vergleichen,

Der in dem Ring des Dschimes sitzt;

Und deine moschusreiche Locke

In jener Wange Rosenbeet

Was ist sie wohl? Ein Pfau, ein stolzer,

Der sich im Paradies ergeht.

Mein Herz, o trauter Freund der Seele,

Von Lust nach deinem Duft besiegt,

Ward zum gemeinen Strassenstaube,

Der zu des Westwind's Füssen liegt.

Es hebt sich dieser Leib von Erde,

Dem Staube gleich, wohl nimmermehr

Empor von deines Dorfes Rande,

Denn ach, sein Fall war allzuschwer!

Dein Schatten wirkt auf meine Hülle,

O wunderthät'ger Isa, ein,

Wie auf die modernden Gebeine

Des Lebensgeistes Widerschein.

Ich sah den Mann, der nur die Kába

Sich sonst zum Aufenthalt erkor,

Weil deiner Lippe er gedachte,

Jetzt weilen an der Schenke Thor.

Hafisen, der sein Herz verloren,

Verknüpft mit deiner Liebe Leid

Ein Bündniss das, o theure Seele,

Besteht seit dem Beginn der Zeit.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 83-85.
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