24.

Erblühet ist die rothe Rose,

Der Sprosser scheint berauscht zu sein;

Die Ihr den Wein verehrt, o Ssofis!

Man lädt zur Trunkenheit Euch ein.

Der Reue Bau, von dem's geschienen,

Dass er so fest wie Marmor sei,

O sieh, ihn schlug auf selt'ne Weise

Ein gläserner Pocal entzwei!

Nun bringe mir den Saft der Rebe,

Denn gleich ist an des Hochmuth's Thron

Des Pfortenwächters, des Monarchen,

Des Nüchternen und Trunk'nen Lohn.

Verlassen müssen endlich Alle

Dies Gasthaus mit dem Doppelthor,

Mag niedrig sein des Lebens Halle,

Und mag sie ragen hoch empor.

Die Freude ist ein Ziel, das nimmer

Sich ohne Leid erreichen lässt:

Ja, an den Spruch des Unglück's knüpfte

Den ew'gen Herrschaftsbund man fest.

Nicht kümm're dich um Tod und Leben,

Und wahre dir den heiter'n Sinn:

Denn das Vollendetste hienieden

Rafft endlich doch der Tod dahin.

Die Pracht Ăssāf's, der Gaul des Windes,

Der Vögelsprache Wissenschaft,

Der Wind hat sie verweht; sie haben

Dem Eigner Nutzen nicht geschafft.

Entfern' dich nicht zu rasch vom Pfade.

Und spiegle an dem Pfeile dich:

Ein Weilchen schwirrt er in den Lüften,

Und setzt dann auf die Erde sich.

Hafis, die Zunge deines Rohres,

Wie gibt dafür den Dank sie kund,

Dass man die Worte ihrer Lieder

Geschäftig trägt von Mund zu Mund?

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 109-111.
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