33.

Wonne beut des Gartens weiter Schoos,

Und gar schön ist freundliches Gekose.

Schön sei immerdar das Loos der Rose,

Schön ja ist durch sie der Trinker Loos.

Der Geruchsinn meiner Seele ward

Schön erquickt durch stäte Morgenlüfte;

Ja, fürwahr, das Hauchen süsser Düfte

Der Verliebten ist gar schön und zart.

Noch verhüllt der Schleier sie, und schon

Ist die Rose im Begriff zu scheiden.

Klage, holder Sprosser, deine Leiden!

Schön ja klingt der wunden Herzen Ton.

Heil dem Vogel, der da singt bei Nacht!

Denn gar schön dünkt's, auf dem Pfad der Liebe

Einen Freund, wenn man die Sehnsuchtstriebe

Klagend äussert und die Nacht durchwacht.

Von der freien Lilje Zunge schlägt

Mir dies Wort an's Ohr mit leisem Schalle:

»Hier in dieser alten Klosterhalle

Lebt nur schön, wer leichte Lasten trägt.«

Stäte Lust hat's noch in keiner Brust

Auf dem Markte dieser Welt gegeben;

Aber schön ist eines Zechers Leben,

Und der Kühne nur geniesst der Lust.

O Hafis! Entsagung dieser Welt

Ist die Strasse zu des Herzens Frieden:

Wähne nicht, es lebe schön hienieden,

Wer die Welt in mächt'gen Händen hält.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 131-133.
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