42.

Geh', Frömmler, rufe mich doch nimmer

Zur Paradieses – Seligkeit.

Denn nicht zum Paradiesbewohner

Erschuf mich Gott in Ewigkeit.

Kein Körnchen von der Lebensgarbe

Trägt Jener heim aus seinem Feld,

Wer Gott zu Lieb' kein Körnchen sä'te

Im Gaue dieser schnöden Welt.

Dich freut der Rosenkranz, der Betort,

Der Frömmigkeit und Sitte Bahn;

Mich lacht das Weinhaus und die Glocke,

Das Kloster und die Kirche an.

Lass, reiner Ssofi, Wein mich trinken!

Hat doch vom Urbeginne schon

Der weise Gott mit laut'rem Weine

Durchknetet meines Körpers Thon.

Der heisst ein reiner Ssofi nimmer

Und hat kein Recht auf's Paradies.

Der nicht, gleich mir, für Wein in Schenken

Als Unterpfand die Kutte liess,

Es bleiben Paradieses-Wonnen

Und Huri's-Lippen unbekannt

Dem Manne, der den Saum des Freundes

Entschlüpfen liess der schwachen Hand.

Hafis, wenn deines Gottes Gnade

Sich nur erst hilfreich dir erwies.

So fürchte dich nicht vor der Hölle,

Noch hoffe auf das Paradies.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 153-155.
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