8.

Er ging dahin mit langer Schleppe

Im dünnen, golddurchwirkten Kleid,

Und hundert Mondgesicht'ge rissen

Sich das Gewand entzwei aus Neid.

Das Feuer des genoss'nen Weines

Trieb Ihm den Schweiss in's Angesicht,

Und schöner prangt des Thaues Tropfen

Auf einem Rosenblatte nicht.

Beredt und süss ist Seine Sprache,

Gewandt Sein hoher Körperbau,

Sein Antlitz sanft und herzgewinnend,

Und schelmisch ist Sein Blick und schlau.

Entsprungen ist dem Anmuthwasser

Sein Onyx, der das Leben mehrt;

Sein Buchs mit dem so holden Gange

Gar zart gepfleget und genährt.

Sieh jenen Mund der, Herzen fesselnd,

Den Aufruhr weckt wenn hold er lacht;

Sieh jenen Gang, so voll von Anstand,

Und jenen Schritt, voll von Bedacht!

Und jener Hirsch mit schwarzen Augen

Entwischte meinem Netze hier:

Wie rath' ich diesem scheuen Herzen,

O sagt es, theure Freunde, mir!

Sei wohl auf deiner Huth, und quäle,

So lang du kannst, Verliebte nicht,

Denn Treue wohnt ja nicht hienieden,

Du meiner beiden Augen Licht!

Soll ich noch lang den Vorwurf tragen,

Womit dein holdes Aug' mich quält?

O blick' nur Einmal freundlich wieder,

Du, den zum Freunde ich gewählt![513]

Und hat Hafis dich je beleidigt,

Und deinen edlen Sinn verletzt,

So komm zurück, denn was ich hörte

Und was ich sprach bereu' ich jetzt.

Ich will dem Meister, dem ich diene,

Gar reichlich zollen meinen Dank,

Wenn jene Frucht mir, die gereifte,

In die erhob'nen Hände sank.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 511-515.
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