11.

Jener, der das Herz mir raubte,

Ist ein Wühler Lulis gleich,

Hält sein Wort nicht, ist ein Mörder

Und an Ränken überreich.

Dem zerriss'nen Hemd der Schönen

Sei'n zu Tausenden geweiht

Falscher Gottesfurcht Gewänder,

Kutten der Enthaltsamkeit!

Dankbar für den Ball der Schönheit,

Den man dir vor Engeln gab,

Fordere ein Glas und schütte

Rosennass auf Adam's Grab!

Krank kam ich zu dir und dürftig:

Habe Mitleid denn mit mir;

Kein Geschenk kann ich dir bieten,

Als die Liebe nur zu dir.

Mich erkauft nur jene Rede,

Die zur Flamme bringt die Glut

Und des Wortes helle Gluthen

Nicht begiesst mit kalter Fluth.

Komm, denn gestern in der Schenke

Rief mir eine Stimme zu:

»Halte fest an der Ergebung;

Nicht entfliehst dem Schicksal du!«

Sei nicht stolz auf eig'ne Kräfte:

Lehrt uns doch die früh're Zeit,

Tausend Schicksalsmittel stünden

Zu der Kaiser Sturz bereit.

Knüpf an's Grabtuch mir den Becher,

Und am Morgen des Gericht's

– Naht der Tag der Auferstehung –

Schreckt mich Weingestärkten Nichts.

Zwischen Liebchen und Verliebten

Hat kein Hinderniss Bestand:

Auf, Hafis, geh' aus dem Wege,

Bist ja selbst dir eine Wand!

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 69-71.
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