7.

O Zipresse spröder Schönheit,

Deren Gang so reizend ist!

Liebende mit hundert Bitten

Nahen dir zu jeder Frist.

Dich beglücke deiner Schönheit

Ehrenkleid; – seit ew'ger Zeit

Wurde dir, Zipressenschlanker,

Angepasst der Reize Kleid.

Wen die Sehnsucht nach dem Dufte

Deines Ambrahaar's beschlich,

Brenne wie die Aloe brennet,

Aber stelle heiter sich.

Durch des Nebenbuhlers Lästern

Nimmt mein inn'rer Werth nicht ab,

Wenn man auch dem Mund der Scheere

Gleich dem Gold mich übergab.

Es verbrennt das Herz des Falters,

Nahet er dem Kerzenlicht,

Und das meine schmilzt, erblick' ich

Deine lichte Wange nicht.

Dieses Herz, das kreisen lernte

Um die Ka'ba deines Gau's,

Will nicht nach Hědschās und sehnet

Sich nach deinem heil'gen Haus.

Frommt es mir, wasch' ich beständig

Mich mit Herzensblute rein?

Nur in deiner Brauen Nische

Kann mein Beten giltig sein.

Jener Ssofi, der da gestern

Fern von dir den Wein verschwor,

Brach sein Wort, sobald er wieder

Offen sah der Schenke Thor.

Fröhlich naht Hafis dem Kruge,

Händeklatschend und berauscht,

Weil dem Bechermund er Abends

Ein Geheimniss abgelauscht.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 61-63.
Lizenz:
Kategorien: