1.

[465] Du, dessen hohem, schlankem Wuchse

Gar trefflich passt das Kaiserkleid!

Die Hoheit deines Wesens ist es

Die Schmuck dem Thron und Ring' verleiht.

Es lockt in jedem Augenblicke

Dein vollmondgleiches Angesicht

Aus deiner königlichen Krone

Des Sieges helles Sonnenlicht.

Heisst gleich das Sonnenlicht am Himmel

Die Fackel und das Aug' der Welt,

Ist's doch der Staub nur deiner Füsse

Der strahlend ihr das Aug' erhellt.

Voll Glanz erscheint des Glückes Vogel

An jedem Orte den zuvor

Der Huma deines Zelt's beschattet,

Das bis zum Himmel reicht empor.

Es gibt; bei tausend Widersprüchen

In Weisheit und Gesetz, kein Ding,

Und wär' es noch so fein gesponnen,

Das deiner Einsicht je entging'.

Auch strömt aus dem beredten Schnabel

Ein wahrer Lebensquell hervor

Dem Psittich mit der süssen Zunge,

Ich meine: deinem Zuckerrohr.

Wonach einst Alexander strebte,

Und was das Loos ihm nicht gewährt,

War Hefe nur aus deinem Glase,

Dess' süsse Fluth das Leben mehrt.[465]

In deiner Hoheit heil'gen Räumen

Bedarf's der Bittgesuche nicht,

Da keines Sterblichen Geheimniss

Sich birgt vor deiner Weisheit Licht.

O Fürst! Das alte Haupt Hafisens

Erfüllt ein jugendlicher Geist,

Wenn du, beseelend und voll Milde,

So wie er hoffet, ihm verzeih'st.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 465-467.
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