Dem Hoch- und wohlgebornen Grafen und Herrn, Herrn Hans Jakoben Kißl, Grafen zu Gottschen, Freiherrn auf Kaltenbrunn und Ganowitz etc.

Hoch- und wohlgeborner Graf,

Gnädiger Herr Herr!


Weilen Euer hochgräfliche Gnaden den preiswürdigen Namen tragen Jakob, also kann ich es nit läugnen, will es nit läugnen, und soll es nit läugnen, sondern nennen und bekennen, daß mir um das Herz sey, was in dem alten Testament der allmächtige Gott von dem Jakob ausgesprochen: »Jakob dilexi etc., den Jakob hab ich geliebt« Röm. 9. Ursach solcher tragender Lieb seynd Euer hochgräflichen Gnaden sowohl demüthige als anmuthige Affekten, welche sie allen Geistlichen und Ordensleuten, folglich auch mir unwürdigstem Diener allerseits ganz gnädig erweisen.[5]

Indem nun Euer hochgräflichen Gnaden neben andern hochadeligen Chargen auch Erbland jägermeister in Krain- und Windischmark seyn, so werden Sie unbezweifelt wohl wissen, was das wildfreundliche oder freundlichwilde Echo in dem dicken Gehölz und schattenreichen Wäldern zwischen Berg und Thal im Brauch habe, daß es nämlich diejenigen resalutire wie es begrüßt wird, und allemal die Lieb' mit Lieb' bezahle. Solchem leiblosen Sprachmeister hab' ich Gebühr halber wollen nacharten, und diejenige große Lieb', welche Euer hochgräflichen Gnaden gegen unser Kloster bei St. Anna, wie auch gegen mich erzeigen, mit andern Lieb' oder Liebeszeichen wollen erwiedern; weil ich aber in dem Münzgraben weder Silber noch Gold, sondern nur Erz ausgegraben, nämlich Judam den Erz-Schelmen, also habe ich mich vielleicht gar zu keck unterfangen, solchen Euer hochgräflichen Gnaden demüthigst zu offeriren.

Freilich wohl mag mancher Nasenwitziger über solche rare Schenkung die Stirn runzeln, aber bei bescheiden und becheidenen Leuten findet sich eine[6] weisere Auslegung, als welche ohne fernern Bedacht jenem Sprichworte der Weltweisen beifallen »contraria juxta se posita magis elucescunt:« wenn man das Gold zu dem Blei, den Schnee zu dem Ruß, einen heiligen Engel zu dem Teufel, eine hübsche Helene zu einer alten, ungestalten Xantippe stellet, so verlieren sie nit allein hierdurch ihren Werth nit, sondern kommen noch schöner und scheinender heraus, in Gegenwart ihres Widerspiels. Indem ich dann Euer hochgräflichen Gnaden den argen, kargen Geizhals Judam vorstelle, so erhellet desto ruhmwürdiger Euer hochgräflichen Gnaden bekannte Freigebigkeit, welche wir mehrmalen in unserm armen Convent erfahren.

Dem wüsten Teufel und garstigen Wauwau hat es dazumal nit gelungen, wie er in der Wüste den Herrn Jesum versucht hat und kurzum angehalten, der Heiland solle aus einem Steine Brod machen: »dic lapidi huic ut panis fiat.« Luk. 4. v. 3; aber uns Augustiner Baarfüßern in dem Münzgraben ist schon[7] öfters ein Stein zu Brod worden, indem Euer hochgräflichen Gnaden Graf Kißl sich ganz und gar nit steinhart erwiesen, sondern mehrmalen, ein Brod ins Kloster geschafft.

Des Bauern und arbeitsamen Ackersmann ist seine einige Hoffnung auf Jakobi; denn um Jakobi herum hat er seinen Schnitt auf dem Felde. Mir ist fürwahr nit anders (es mags jemand für ein Bauernconcept auslegen oder nit): um Jakobi hab ich und das arme Kloster bei St. Anna den besten Schnitt. Und hat wohl recht der Himmel also angeordnet, daß Euer hochgräflichen Gnaden den Namen Jakob bekommen; denn gleich wie Jakob in dem alten Testament sehr viel weiße und scheckigte Schäflein auf die Weide geführt, also haben Euer hochgräflichen Gnaden bishero manche Unterhaltung und Weid sehr vielen geistlichen Schäflein beigeschafft, worunter die Schwarzen das Me-Me-Me-mento nit verhalten.

Zum andern hat mich veranlasset, daß ich Euer hochgräflichen Gnaden diesen ersten Theil demüthigst dedicire: weilen nämlich ein jedes Buch einen Schutzherrn[8] von Nöthen hat; und wer kann mich dann besser schirmen, als Euer hochgräflichen Gnaden? massen auch der David sich mit einem Kieselstein wider den Großkopfeten Goliath defendirt hat. Dahero so arm als ich bin, schätze ich mich dennoch steinreich, wenn ich Euer hochgräflichen Gnaden auf meiner Seite habe, und ist mir dießfalls der Kieselstein tausendmal lieber, als der Edelstein: Bin demnach der tröstlichen Zuversicht, Euer hochgräflichen Gnaden werden dieses winzige Werklein in Gnaden aufnehmen, weil ich nit habe andere kostbare Präsenten, deren Eure hochgräflichen Gnaden ein Feind seynd, und mir nur gar zu wohl bekannt, daß ihnen keine Musik mehr zuwider, als wenn man auf dem Regal spielt, verstehe die Regalien, nach welchen andere mögen schnappen und tappen, thun sie ihn allweg hassen.

Befehle mich also, und förderst das arme Convent im Münzgraben in Euer hochgräflichen Gnaden beharrlichen Favor und Gunst, wünsche beinebens[9] Deroselben nichts anders, als durch die Vorbitt der heiligen Anna Annos longaevos, und nochmals dasjenige, was durch ein Anagramma oder Buchstabenwechsel aus dem Wort Kisel genommen wird, nämlich selik.


Euer hochgräflichen Gnaden

demüthigster Diener,

Fr. Abraham a St. Clara.

Quelle:
Abraham a Sancta Clara: Judas der Erzschelm für ehrliche Leutߣ. Sämmtliche Werke, Passau 1834–1836, Band 1, S. 5-10.
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