1. Scene.

[98] Landgraf Philipp von Hessen. Graf Dietrich. Perlet Probst. Helldrungen. Ritter. Alle gewaffnet. Knappen mit Windlichtern.


LANDGRAF. Das ist eine Nacht! Wahrhaftig, der glaubt man's, daß in ihr um die Herrschaft in Deutschland gestritten wird. Schwarz wie ein Kohlenschacht und nicht die Hand vor den Augen zu erkennen, Regengüsse, als bräche die Sintfluth herein, und ein donnerndes Brüllen, in dem sich die Stimmen des Himmels und der Karthaunen vermischen, daß man nicht zu unterscheiden vermag, wann der Herr spricht und wann der Mensch. Fast scheint's, als ob einer den andern überschreien wolle.

HELLDRUNGEN. Es kann sich nur noch um wenige Viertelstunden handeln. Fast überaß ist der Widerstand gebrochen. Die Bauern fliehen allenthalben vor uns.

PROBST. Ein panischer Schrecken ergriff die Aufrührer, als wir unvermuthet wie Gottes Rachegeister[98] in ihr Lager einbrachen, als sie schreckerfüllt vor's Zelt des Führers kürzten, ihn um Rettung flehen wollten, und im Nest des Adlers nur zurückgelassene Federn und einen Haufen Koth erblickten.

DIETRICH. Was hab' ich euch denn gesagt, ihr Herren? Ein Feigling, ein Hallunke ist dieser Münzer, der allen Muth und alle Furchtbarkeit nur auf der Spitze seiner losen Zunge trägt. Wer hat nun Recht behalten.

PROBST. Man hat sich des Verräthers doch entledigt. Ich möchte nicht, daß sein Zeugniß –

HELLDRUNGEN. Unbesorgt – er spricht nicht mehr.

PROBST. Also denn vorwärts, ihr Herren, es ist noch nicht Zeit zu plaudern, noch liegt schwere Arbeit vor uns, denn wir dürfen nicht eher ruhen, als bis der letzte Tropfen Bauernblut die Scholle des eigenen Ackers düngt. Vorwärts, ihr Herren, für Kaiser und Reich – –

LANDGRAF. O Schreckensnacht göttlichen Zornes und menschlichen Hasses! Alle ab, rechts hinten.


Quelle:
Conrad Alberti: Brot! Leipzig 1888, S. 98-99.
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