Der Krieg

[331] Ein Krieg ist keine unentrinnbare organische, naturgemäße Sache, sondern die Irreleitung von seiten absichtlich Irregeleiteter, die »im Trüben zu fischen hoffen«. Nie kann Waffengewalt entscheiden, erzwingen, sondern nur der allgemeine Geist der Gemeinschaft, und nur wenigen Genies ist es unter besonders günstig-ungünstigen Umständen gelungen, den natürlichen Weg der Menschheit zu verlegen scheinbar. Dieser Krieg hat genial bewiesen, daß es überhaupt keine sogenannten Waffentat-Genialitäten gebe, sondern nur merkwürdige Zufälle, und daß die arme Menschheit ihre Wege unter jeder Bedingung schließlich wandeln müsse zu ihrem Frieden! Unterseeboot-Spielereien, Zeppeline, Größenwahn, momentane Teil-Erfolge sind Kinderstuben-Ereignisse einer vollkommen unreifen Menschheit, die ihre eigenen organischen Bedürfnisse noch nicht annähernd erfaßt hat! Alles Das muß sich einst blutig rächen, wenn nicht ein junger Gütiger die komplizierte Weltlage der darbenden Mensch heit rechtzeitig erfaßt! Die Menschen wollen natur gemäß Frieden und friedevoll leben, und die »Macht« ist ein Irrsinn, dem sich leider die armseligen Völker stets unterwerfen, eine Art von absolutem Größenwahn. Jeder will leben so gut es geht, aber die »Macht« hat damit gar nichts zu schaffen! Das[331] sind Irrsinne absichtlich Irregeleiteter, denen Millionen unglückseliger Schafherden nachblöken! Infolgedessen muß das Débacle, der Zusammenbruch kommen, unaufhaltsam. Größenwahn ist die schauerliche Krankheit der menschlichen Gehirne, von der nur der einfache Bergarbeiter befreit, erlöst ist! Lasset doch die arme Menschheit ihre friedevollen naturgemäßen Wege schreiten und verhindert die größenwahnsinnigen zufälligen Machthaber, als Zerstörer aufzutreten! Niemandem hat es noch je genützt, nur der ruhige Geist der Gesamt-Menschheit will seinen endgültigen Frieden! Wer sich dem naturgemäßen Laufe der Ereignisse gewaltsam entgegenstemmt, begeht ein Verbrechen an der ganzen Menschheit. Wehe, wenn Ihr Irregeleiteten Das nicht vorzeitig einseht! Alle wollen in Frieden leben. Das allein ist unser Sieg! Die Macht des philosophischen Geistes zersplittert die giftigen Chemikalien und die arme Menschheit will zu ihrem Frieden kommen, bisher irregeleitet vom Größenwahnsinnigen und Toren. Friede sei auf Erden, und die Genialitäten von Unterseebooten, Zeppelinen, Menschheits-Unterdrückungen sind Größenwahne irregeführter Nicht-Gehirne! Die kurze, knappe Zeit, die zu leben gegönnt ist, will man verhältnismäßig friedevoll leben, und »Macht« ist ein Irrsinn, dem sich die unglückselige Herde ewig unterwirft! Worin bestünde der Friede, wenn nicht im Frieden?! Jeder wandle geruhig seine Wege, die das Schicksal ihm zugewiesen hat! In Tyrannos! Der Hirte bläst die Flöte und die Herde grast, was abzugrasen ist! Unterseeboote zerstören nicht den Gang der Dinge! Dichter träumen falsch und billig, aber die Welt[332] wacht, leidet und will erlöst werden aus geistiger Kraft. Amen. Nur aus dieser! Waffengeklirre der Gehirne, aber keine Stinkbomben in unglückseligen Arsenalen!

Quelle:
Altenberg, Peter: Mein Lebensabend. Berlin 1–81919, S. 331-333.
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