Der Selbstmord

[60] Wenn in einem Hotel ein Gast das Stubenmädchen bittet, ihm ein Tintenfaß zu bringen (Wer würde es denn erwarten, daß es bereits von selbst im Zimmer stünde, da kämen die Hoteliers schön weit, wenn sie auch für Tinte noch sorgen sollten, wie könnten sie sich dann, bitte, in 25 Jahren, zurückziehen?!), wenn also, wie gesagt, uns das Hotelstubenmädchen ein Tintenzeug bringt mit einem dicken Satz von längst eingetrockneter Tinte, und man bei dem ach so wichtigen Liebesbriefe nicht einmal anfangen kann: »Wieder eine in Tränen verbrachte schlaflose Nacht deinetwegen!«, dann sollte man sich eigentlich[60] gleich aufhängen, denn die anderen Sachen, die man erlebt, werden auch nicht viel anders sein!

Quelle:
Altenberg, Peter: Mein Lebensabend. Berlin 1–81919, S. 60-61.
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Mein Lebensabend: [Reprint der Originalausgabe von 1919]