Die Unterschiede

[193] Es ist einer der tiefsten Unterschiede in der »Mannes-Organisation«, ob Jemand im »Restaurant«, im »Café«, auf der Straße oder irgendwo, plötzlich, ohne es sogar je zu wünschen, von einer Frau tief begeistert wird, ja momentan zum Dichter, zum Träumerischen, zum Melancholiker, zum plötzlichen Erkenner des Nirvana dieses ganzen Daseins wird, oder ob Einer es geschickt ungeschickt versucht, seine unmenschliche, also unmännliche Eitelkeit dadurch zu befriedigen, daß er einem »Weibchen« absichtlich es zu verstehen gibt, daß sie ihm nicht »gleichgültig« sei und sie »eine Eroberung« an ihm gemacht habe! Selbstverständlich will er nur sich einen neuen Skalp eroberter armer Frauenherzen an den öden Eitelkeits-Gürtel hängen!

Zwischen echter selbstloser Begeisterung für fremde Frauen-Anmut, und Euren schlechtrassigen frechen schamlosen Eitelkeits-Emanationen liegt eine ganze unverstandene Welt! Ihr nämlich werdet es nie verstehen, wieso der Flieder an und für sich blau-duftend beglückt!?!

Quelle:
Altenberg, Peter: Mein Lebensabend. Berlin 1–81919, S. 193.
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Mein Lebensabend: [Reprint der Originalausgabe von 1919]