Kränkung

[276] Eine Frau kann mich nur kränken, in jenen Dingen, in Denen sie mich kränken kann! In allen anderen Gott sei Dank eben nicht. Sie legt es aber eben darauf an, mich in jenen Dingen, in Denen ich von Schicksals Gnaden immun bin in bezug[276] auf sie, unkränkbar, mich zu kränken, um die Herrschaft über meine gekränkte, also geschwächte, also nicht mehr unbeeinflußbare immunisierte Seele, zu gewinnen! Weshalb?! Frage sie! Es liegt in ihr, mich zu unterwerfen. Sie fühlt dadurch ihre schreckliche Inferiorität mir gegenüber weniger peinlich, es erlöst sie von ihren Inferioritäten mir gegenüber. Sie hat keinen anderen Ausweg, mich, meinen Geist, meine Seele, meine Persönlichkeit zu besiegen!

Heil Ihr, wenn ich es mir brutal nicht gefallen lasse! Heil Ihr, in diesem Falle!

Dann muß sie einen klügeren, besseren, menschlicheren, geschickteren, gutmütigeren, für sie als Menschen vor allem wertvolleren Weg einschlagen!

Ich leide ja eigentlich nicht, zuzuschauen, wie sie mit ihren 10000 Unzulänglichkeiten und 500 Zulänglichkeiten mich Tag und Nacht zu überwinden sucht! August Strindberg, Schwächling, der Du gerade Das brauchtest, was Dich zugrunde richtete! Lasse sie doch an Dir sich abmühen!

Quelle:
Altenberg, Peter: Mein Lebensabend. Berlin 1–81919, S. 276-277.
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Mein Lebensabend: [Reprint der Originalausgabe von 1919]