XXVIII.


Auf sein Mädgen.

Auf! Vortreflichster der Mahler!

Auf! und schildre, Preis der Mahler,

Meister in der Kunst der Rhoder,

Schildre mein entferntes Mädgen,

Wie ich sie beschreiben werde.

Mahle mir vor allen Dingen

Zarte rabenschwarze Haare;

Und, wenn es das Wachs gestattet,

Mahle sie auch lieblich duftend.

Mahle zwischen schwarzen Locken,

Da, wo sich die Wangen schliesen,

Eine Stirn von Helfenbeine.

Laß sich nicht die schwarzen Bogen,

Die sich um die Augen krümmen,

Gänzlich trennen, noch vermischen;

Sondern, wie bey meinem Mädgen,

In einander sanft verlieren.

Ihrer Augen Reiz zu treffen,

Mache sie von regem Feuer,[68]

Und auch blau, wie Pallas Augen,

Und auch zärtlich, wie Cytherens;

Mische Milch zu jungen Rosen,

Wenn du Nas und Wangen mahlest.

Gib ihr Lippen, wie der Suada,

Die den Mund zum Küssen laden.

Um das sanfte Kinn der Schönen,

Und um ihren Hals, wie Marmor,

Laß die Huldgöttinnen fliegen.

Kleide sie nunmehr in Purpur;

Aber laß vom zarten Busen

Etwas Wenigs unverhüllet,

Das Verhüllte zu verrathen.

Geh izt hin. Ich seh mein Mädgen.

Wirstu, Bild, nicht auch bald reden?

Quelle:
Die Gedichte Anakreons und der Sappho Oden. Carlsruhe 1760, S. 54-55,68-69.
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