Die Psyche opfert dem Jesulein

[61] 1

Sei gegrüßet und geküsset,

Allerliebstes Jesulein.

Mit Vertrauen dich zu schauen,

Komm ich in den Stall herein.


2

Große Wonne, liebste Sonne,

Hat dein Aufgang mir gemacht.

Neues Leben hat mir geben

Dein Erscheinen in der Nacht.


3

O du schöner Nazarener,

Sei gelobet und gepreist

Für die Güte, die‘s Gemüte

Deiner Gottheit mir beweist.
[61]

4

Dir mein Leben zu ergeben,

Komm ich jetzt nach Schuld und Pflicht.

Edler Knabe, nimm die Gabe

Und verschmäh mein Armut nicht.


5

Meine Seele mit der Höhle,

Ihrem Leibe, geh ich dir.

Mein Gemüte, mein Geblüte

Soll dir dienen für und für.


6

Gold der Liebe, die ich übe,

Weihrauch der Andächtigkeit,

Myrrhn der Zähren, die stets währen,

Opfr ich dir mit Innigkeit.


7

Nimm mein Herze, güldne Kerze,

Und entzünd es heiliglich.

Mach es reine wie das deine

Und zerschmelz es ganz in dich.


8

Gib mir Gaben, die mich laben,

Die mich stärken in der Zeit,

Daß ich bleibe deinem Leibe

Eingepfropft in Ewigkeit.


9

Alsdann werd ich hoch erfreulich

Deine Klarheit schauen an.

Für ihr Grünen sie bedienen,

Ehrn und rühmen, wie ich kann.

Quelle:
Angelus Silesius: Sämtliche poetische Werke in drei Bänden. Band 2, München 1952, S. 61-62.
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