Actus Primus.


[559] Hans kömpt mit der Frawen herauß.


HANS. Fraw hastu da die Milchsuppen?

FRAW. Ja hie habe ich eine / aber du solt sie nicht allein außfressen.

HANS. Awe ja du must mit mir essen / aber gehe hin und mache erstlich die Thür zu / auff daß uns keiner verhindere an unser Mahlzeit.

FRAW. Das laß ich wol stehen / gehe selber hin und mache sie zu / kanstu sie doch eben so wol zumachen wie ich.

HANS. Potz schlapperment du must zu machen / oder ich werde dir gewaltige grewliche Pumpes auff dein gebenedeyten Kopff geben.

FRAW. Gib her bistu so keck / solt fürwar 10. vor einen bekommen / du weist wer Oberherr unter uns zu seyn pfleget.

HANS ad spectatores. Es ist war / so offt ich sie nur hab schlagen wollen / ist sie mein Oberherr worden: Hör Fraw wiltu dieses eingehen? Der erste so ein Wort redet / sol die Thür zu machen.[559]

FRAW. Ich bin solches wol zu frieden.


Essen / Hans isset mit der Handt.

Jetzt kömpt der Müller Wilhelm.


Wie mag dieses kommen / daß die Thür so weit offen stehet / und keiner ist im Hause. Sieh da seynd sie / wanne wie kan mein Nachbawr Hans fressen. Guten Tag guten Tag mein guten Nachbarn.


Antworten ihm nicht / zeuget auff ihr / sol antworten.


Wie zum Teufel sol ich diß verstehen / seynd sie nun beyde stum worden / mein getrewer Hans antwortet mir / denn für ein Stunde hab ich ja noch mit euch geredt.


Zeuget auff ihr / sie auff ihn.


Mein gute Nachbawrin was bedeutet dieses daß ihr nicht redet / wie zum Element kömpt dieses / sind ihnen die Zungen außgeschnitten / oder narren sie sich / ein wunderlich Ding ist es / Mein Nachbawrin dieses muß ich erfahren / kompt mit mir in mein Hauß.


Sie gehet mit im.


HANS. Hier laß mir mein Fraw.

FRAW. O du hast verlohren / und must die Thür zu machen.

WILHELM. Mein lieber Nachbawr sagt mir was bedeut dieses.[560]

FRAW. Mein lieber Wilhelm ihr wir zancketen uns darumb / wer die Thür solte zumachen / da satzten wir dieses wer erst anfieng ein Wort zu reden / solt die Thür zu machen / nun muß er sie zu machen.

HANS. Ich muß sie nun zu machen / aber Nachbawr Wilhelm / ihr habet aller Schuldt.

WILHELM. O ho was habe ich dieses gewust / ich sahe auch und könte mich nicht gnugsam verwundern / warumb die Thür so sperrweit offen stund und war kein Mensch im Hause.


Gehen hinein.


HANS kömpt herauß. Daß dich potz Schlapperment / mich düncket daß mir mein Fraw ein baar Hörner auffsetzet / denn der Schelm mein Nachbawr Wilhelm weiß sich so bald bey ihr zu finden / wann ich auß dem Hause gehe / ja ja es ist nicht anders der Schelm hülffet mir / denn hierdurch kan ichs gnug abmercken / mein Fraw die ehrlose Hure redete diese Nacht im Schlaff von ihm. Sie sagt mein hertzlieber Nachbawr Wilhelm: /: aber einen gewaltigen lustigen practischen Rath habe ich bey mir bedacht / es wohnet in der Statt ein grewlicher heßlicher Kerls / der des Teuffels Meister ist / und die schwartze Kunst kan / zu dem wil ich jetzunder gehen / daß er mich mache in die Gestalt des Schelms Nachbawrs Wilhelms. Denn wil ich recht und gewiß erfahren und in der Gestalt zu meiner Frawen gehen / ich werde es bald sehen / befinde ich es also / daß der Schelm Nachbawr Wilhelm bey ir schläffet / so sol ich ihr potz Element auff den Kopff geben. O ich bin listig Fraw / du solt mich nicht vexiren. Nun ich kan nicht lenger hier verharren /[561] sondern ich muß mich zu des TeuffelsMeister machen / denn das lieget mir zu sehr im Kopffe / mein hertzlieber Nachbawr Wilhelm. Mein hertzl[ieber]. etc.


Gehet hinein / kömpt die Fraw und Wilhelm.


FRAW. Mein hertzlieber Nachbawr Wilhelm / eins muß ich euch erzehlen.

WILHELM. Sagt her / sagt her.

FRAW. Hie habe ich gestanden und also angehöret / was mein Hans beschlossen und gesaget. Ihm dauchte er were gar allein und sagte / er hielte dafür / ihr müstet bey mir schlaffen / denn er von mir in Schlaffe gehöret / das ich gesaget hette / mein hertzlieber Nachbawr Wilhelm / ich habe mich über den Narren / bald den Bauch in 4. Stücken gelacht.

WILHELM. Nun wie es war ist? sagt fürder.

FRAW. Darnach sagt er / er müste es recht erfahren / und zwar also / es wohnete ein Schwartzkünstler in der Stadt / zu dem wolt er gehen / der solt ihm ewer Gestalt geben / und damit wolt er zu mir kommen / und so erfahren / ob ich euch auch lieb hette / darumb ist mein Rath daß ihr euch alßbald dahin verfüget / und euch ankleidet / alß weret ihr der Schwartzkünstler / und gebt ihm solch einen Rath / daß er ewer Gestalt an sich bekomme daß wir genug den Narren mit ihm treiben können.[562]

WILHELM. O ho? dieses sol recht angehen / Hans Hans du must gleich ein paar Hörner tragen. Sagt mir ist er schon auff den Wege daß er hingehe.

FRAW. Ja er ist schon hingangen / darumb müst ihr euch nicht seumen.

WILHELM. So ist mein Wesen nicht lenger hie / ich weiß daß ich eher komme denn er.


Gehen hinein.


HANS. Nun bin ich kommen an den Orth / da der Teufels Meister seyn sol / aber ich kan ihn nicht außfragen / wenn ich nur zu den Kerl kommen soll / so wolte ich frölich seyn / denn ich kans nicht vergessen / es ist mir unmüglich / daß mein Fraw sagte / mein hertzlieber Nachbawr Wilhelm / den Teufels Meister muß ich wissen / oder gebe mich nimmer zu Frieden.


Gehet hinein. Wilhelm kömpt in schwartzen Rock.


WILHELM. Nun bin ich der Schwartzkünstler wor den / meinen Nachbawr Hans muß ich Rath geben / wie er Wilhelms Gestalt an sich nehme / da kömpt der alber Narr hergangen.


Hans kömpt / Wilhelm macht einen Circul /creutzet / schlägt das Buch auff.[563]


HANS. O ho ich gleub daß derselb des Teuffels Meister seyn soll / ich muß zu ihm gehen / guten Tag.


Wil in den Circul gehen / schlägt ihn zu rück.


WILHELM. Ich rahte dir komme nicht in diesen CIRCULUM oder der Teuffel nimpt dich mit.

HANS. Mein Herr seyd ihr nicht des Teuffels Meister?

WILHELM. Ja der bin ich. Ich habe hier etwas zu thun / laß mich unmolestiret.


Fantesiret / Hans schmeist sein Hut in den Circul.


HANS. O ho Herr Teufel Meister es ist nicht war was ihr von Circkel saget.

WILHELM. Warumb solt das nicht war seyn / wie weistu das?

HANS. Ja seht ihr wol / mein Hut habe ich in den Circul geschmissen / unnd der Teufel wil ihn nicht weg nehmen.

WILHELM. Ja der Teufel fragt viel nach deinen alten beschißnen Hut / du aber soltest da nit halb so lang inne seyn. Sage nun an was ist dein Begehren und was wiltu haben?[564]

HANS. Mein lieber Herr TeuffelsMeister / ich bin derhalben zu euch kommen / ich hab ein Fraw zu Hause / die ist ein wenig schön / und allda wonet ein Müller der heist Wilhelm / derselbe Schelm gehet immer zu meiner Frawen / wenn ich nicht zu Hause bin / daß mich auch deucht / der Schelm muß bey meiner Frawen schlaffen / auch habe ich dadurch solches abnehmen können / denn diese vergangene Nacht sagte meine Fraw im Schlaffe / mein hertzlieber Wilhelm: /: hierüber ich mich nicht kan zu frieden geben / ich muß es recht erfahren: Derhalben könt ihr mir die Gestalt des Wilhelms geben / so wil ich euch einen Ducaten dafür schencken / auff daß ich denn recht sehen möge / ob der Schelm Willhelm bey meiner Frawen schlaffe.

WILHELM. Oho wenn ich euch nicht Willhelms Gestalt könte geben / so were ich ein armer TeuffelsMeister / ich weiß alle STATUR und Gestalt des Menschen / wenn sie auch tausendt Meilwegs von hier weren / und kan diese Gestalt einen andern geben / der sie begehrt. Zwar keinen bessern Rath konte ich euch geben / daß ihr zum füglichsten erfahren köntet / ob ewer Nachbar Willhelm auch bey ewer Frawen schlaffe / ihr seyd wol SIMPEL anzusehen / aber gar weißlich dieses bedacht.

HANS. Ja es ist wahr / ein gewaltig practischer Kopff bin ich.

WILHELM. Wollet ihr mir ein Ducaten geben / so wil ichs machen wie ihr Wilhelms Gestalt sollet bekommen.

HANS. Hie ist ein Ducat / so lernet mir es auch.[565]

WILHELM. Das wil ich thun / höret mir fleissig zu. Diese zukünfftige Nacht umb 12. Uhr gehet auff ewren Kirchhoff / und gehet umb die Kirche dreymal herumb / und allemal betet ein Vater unser /zu letzt gehet recht vor die Kirchthür / da creutziget euch offt hin und her / denn werdet ihr finden ein grossen Stein für der Thür liegen / derselbe Stein ist seiner Kunst und Tugendt wegen hundert Ducaten werth / denn wenn ihr denselben auff ewre Achseln leget / so habt ihr die Gestalt ewers Nachbars Wilhelms / und jederman siehet euch dafür an / so bald ihr aber denselben wieder von euch leget / seyd ihr in ewer eigen Gestalt / wie jetzunder. Diese Kunst hab ich viel tausenden mitgetheilet / die auch auff diese Weise ihre Weiber probiret / ob sie auch andere lieben / sie ist gar gewiß / und verhelt es sich nicht also / so kommet wieder / und holet ewren Ducaten.

HANS. Ah ah / Herr TeuffelsMeister / ihr seyd mir gleich ein Engel vom Himmel gesand. Nun bin ich ein prav Kerl / wenn ich solch eine Kunst weiß / gewaltig werde ich meine Fraw versuchen / und wo sie den Schelm meinen Nachbar Wilhelm liebet / so sol ich ihr potz schlapperment auff den Kopff geben. Herr Teuffelsmeister die Nacht umb 12. Uhr sol ich auff den Kirchhoff gehen.

WILHELM. Ja mitten in der Nacht / und wie gesagt für der Kirchthür werdet ihr einen Stein finden / der solche Kunst in sich hat.

HANS. Nun Herr TeuffelsMeister / so habt ihr danck für diese herrliche Kunst / ich wil nun hingehen / und es also machen / wie ihr mir befohlen.


[566] Gehet hienein.


WILHELM. Das mag wol vexiret heissen / wenn ich so viel Ducaten verdienen köndte / beym Element ich würde mein Tage nicht mehr Müller. Nun muß ich mich auffmachen / daß ich ehe komme als er / und ihm einen Stein vor die Kirchthür lege / damit er darnach die Fraw probire / und wir den Gecken weiter an ihn scheren.

Quelle:
Spieltexte der Wanderbühne. Berlin 1970, S. 559-567.
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