Scena 1.

[38] THISBE.

Nun hilff mir Venus auss meim leid,

Ess wil ietz fast sein bei der zeit,

Dass ich da balt sol Kommen an,

Dahin wir vnss bescheiden han.

Der Morgen Kumpt bereits herfur,

Hilff doch, wie Kom ich auss der thur.

Wen ich den schlussel nur macht habn,

Ich wolt von hie wol heimlich trabn,

Dass Janus es nicht solt erfarn.

Doch pflegt er ihn wol zu uerwarn.

Wollan es wil gewaget sein,

Ich wil gehn fur dies Kemmerlein

Vnd sehn ob er verbanden sey,

O gluck, steh du mir tapfer bei.

Ich muss gar leiss anfahn die Sachn,

Dass er vielicht nicht mag erwachn.

Doch pflegt er sonst zu schlaffen wol,

Ja man bei ihm wol schiessen sol

Mit einr Carthawn, eh Er erwacht.

Ich halt nicht, dass er mein ietz acht.


Facile jam invenit clavem, quam in medium profert,

et ait.


O Gluck, du bist mir beigestandn,

Dass ebn der Schlussel war verhandn.

Die thur muss ich nun leiss auff machn,

Dass niemand mug davon erwachn.

Wass Schadts? wens Janus gleich wurd sehn,

Ich wolt ihm wol ein Nasen drehn

Vnd suchen Winckel, woh ich fund,

Dass ich ihm Brilln verkauffen Kunt.

Wil dass nicht sein, so sage ich wol,[38]

Gut dranckgelt er bekommen soll,

Vnd gebe ihm den Winterwickn,

Ess sol sich doch hernach wol schickn.

Doch ist mir nicht gelegen dran:

Ein tranckgelt nicht viel schaden Kan.

Wen er von Geld wirt horen sagn,

Wass Guts, ob er wirt weiter fragn.

So ist den fertig vnser Kauff,

Er schleust wol thur vnd Pforten auff.

Doch nichts die wort hie richten auss,

Ich Kom dadurch nicht auss dem hauss.

Du Venus mir zu hulffe Kumb

Vnd dreh mir selbs den Schlussel vmb.

Gott lob, ich hab es recht getroffn,

Dass hauss ist mir nun weit gnug offn.

Gott lob, dass ich den Schlussel fandt,

Nun soll mein leid bald werdn gewandt.

Schlaff nun, thurhütr, mich gehts nicht An,

Ich dirs zu gut wol halten Kan.

Mein abscheid niemand hat vernomn,

Wer weiss, wen ich Kan wieder Komn.


Quelle:
Drei deutsche Pyramus-Thisbe-Spiele. Tübingen 1911, S. 38-39.
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