Scena 2.

[47] MESTIDICUS.

Recht dass ichn Spies hab mit genomn,

Wen ich vielicht wurd vberkomn

Ein wildes thier in meinem Korn:

So bei ihm dass ein Eid geschworn,

Ich wil mich dapfer an ihm rechn

Mit Jagen, Schlagen vnd mit stechn,

Vnd tragens mit mir bin zu hauss

Vnd machn ein guten Bratn darauss.

Dabei ich vnd die Nachbarn mein

Ein gute weil wolln frölich sein.

Doch wil ich ess nun balde sehn,

Wie ess da vmb mein Korn mag stehn,

Ich bin doch nun fast nah dabey.

Mich dunckt, dass nichts furhanden sey

Dran ist mir auch nicht viel gelegn,

Wen Godt zum Korn nur gibt sein segn.

Godt lob, ess steht noch zimlich woll,

Den Scheffel es wol füllen sol,[47]

Ess wirt wils Godt das sein wol thun.

Ich habs auch gnug beschawet nun,

Drumb wil ich hingehn in den walt,

Darnach den wiedr zu hause balt.

Ich hab noch zeit ein Stunde langk,

Darin ich hör der Vogl gesangk,

Die Komm mir machen Kurtz die zeit

Vnd sonst vertreiben mir mein leid.


Tacitus paulum progreditur, dein ait.


Hilff Godt dess Himmels vnd der Erdn,

Hilff lieber Godt, wass wil hie werdn?

Hilff lieber Godt, was sol ich sagn?

Wer hat die fraw hie Tod geschlagn?

Ich muss doch neher gehn hinbey,

Dass ich sehn Konne wer ess sey.

Ich meint, ess wer nur eine fraw,

Abr im ich eigentlich zuschaw,

So seh ich, das's zween todten sein.

Ach Einer ist der Nachbar mein,

Der Pyramus, der dapfer helt.

Ach wer hat den doch hie gefellt?

Nymrodi Tochter ist auch hie.

Wer mag doch han getödtet sie?

Ach Thisbe, mein gewuntschtes Kindt,

Wie Kümpts, das ich euch beid hie find?

Ach wie Kom ich zu dieser Sachn?

Sol ich diess gschicht erst lautbar machn.

Sol ichs ihm Eltern Erst ansagn?

Wie werdn sie doch so vbel Klagn.

Ich wolte lieber Schweigen Still,

Welchs sich doch nicht gebüren will.

Ich muss ihnn endtlich zeigen An,

Ess mag drauss werden wass es Kan:

Doch muss ich erst mit Vleiss erkundn,

Ob noch bei ihnn werd gelt gefundn,

Welchs ihnn genomen werden macht,

Wenn ich sie ietzund nicht besucht.

Sich da das Gelt sampt diesen Ringn

Wil ich hin ihren Eltern bringn.

Vnd wass ich sonst find fur geschmuck,[48]

Wil ich nicht lassen hie zurück.

Wen sonst ein Vntrew Man wer Komn,

Der hett ess ihnen wol genomn.

Weil ich es aber bey ihnn fandt,

Kumpts noch denn Rechten herrn zurhandt.

Lass sehn, Kan ich nichts finden mehr?

Wie Kumpt hie die Schreibtaffel her?

Vielicht han sie zu guter letzt

Ihm Eltern noch wass drein gesetzt,

Daran ihnn macht gelegen sein.

Ich wil sie auch mit nemn hinein.

Doch wil ich erstlich sehen zu

Wass ich hierinne finden thu.


Legat quasi et deinde, quod sit, narret.


Sih doch, ich find alhie geschriebn,

Dass sie sein vmbkomn durch ihr liebn

Vnd bitten, dass sie beid zur Erdn

In ein grab mugn bestetigt Werdn.

Dass sei ihr bitt vnd letzts begern,

Dess wolln ihr Eltern sie gewehrn.

Dass wil ich ihnn nun balt hinbringn

Vnd sagen ihnn von diesen dingn.


Dum rure redit Maestidicus, interloguatur satan.


DER TEUFFEL.

Ey Ja, lass ihn nur Kommen an,

Sie sollens Keinen furteil han.

Sie mugn die beiden wol begrabn,

Zuletzt wil ich sie mir doch habn.

Ihr Eltern wil ich auch angreiffn,

Die Sollen tantzn nach meiner pfeiffn.

Ich wil sie Redlich pantzerfegn

Vnd ihnn auch dieses hart furlegn:

Weil sie zun Ehren sich begert,

Warumb siess den so hart gewert.

So doch an Pyramo nicht war

Ein einig dinglin mangelbar,

Drumb sey die Schalt all ihr allein,

Weil sie nicht hau gewilligt drein.

Hierauff ich wil gar hefftig dringn,

Ob ich sie auch dazu Kunt bringn,[49]

Dass sie es hart zu hertzen nemn

Vnd so vntr mein gewalt auch Kemn.

Ich wil so viel ihn Blasen ein,

Sie solln gar hart bekummert sein

Vnd sich vielicht auch selbs vmbbringn

O wen dasselb mir mucht gelingn,

So wolt ich frölich ietz hingehn,

Kein Nagl zu nah mir solte stehn.


Quelle:
Drei deutsche Pyramus-Thisbe-Spiele. Tübingen 1911, S. 47-50.
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