[18. Kapitel]

Wie der Schultheyß zu Laleburg ins Bad gieng / vnd was sich mit jhme zutruge.

[74] Die Ehr vnd Würde des Schultheissen Ampts thete dem Säwhirten so wol / daß er sich stets damit kützelt / vnd wol zehen mal in einer stund zu seiner Frawen sagt: Geld Fraw / es ist mir ein mal gerhaten. Nu gedachte er wol / er müste notwendiglichen den Säwschweyß / staub vnd vnflat / abweschen: vnd weil er einen newen Stand an sich genommen / vermeint er / jhm wolle gepühren vnd gezimmen / sich mit geberden / reden / kleydung vnd anderm / in handel zuschicken.[74] Darauff wolt er also bald am Sambstag in die Statt ins Bad gehn / vnd als jhme vnterwegen ein andrer Lale / welcher vor etlichen jaren der Säw mit jhme gehütet / begegnet / vnwissend daß es der Schultheyß were / jhn deßhalben als einen alten Säwhirten vnnd guten Geselln dautzet / sagt der Schultheiß zu jm: Du solt Vns jetzunder nicht mehr dautzen / dann Wir sind nimmer der Wir zuvor waren / Wir sind jetzunder vnser Herr der Schultheiß Lale zu Laleburg. Botz tausent Teufel / sagt der ander Lale / das hab ich nicht gewust / mein Herr Schultheß /verzeihet mir / glück zu in ewerm Regiment gegen E.W. Vnterthanen. Danck hab / sagt mein Herr der Schultheß: es ist ein vngezogen Volck vmb die Lalen zu Laleburg. Die andern Schultheissen / vnsere Vorfahrn am ehrn Regiment / haben sie lassen machen was sie nur jmmer gewölt / dadurch viel Vnordnungen eyngeschlichen / die müssen wir jetzunder wenden / mit so grosser mühe vnd arbeit / daß wir nit schlaffen können / vnd vns der Kopff darüber zurbricht. Aber wir wollen ein Ordnung vnter sie bringen (wie jener Bettelvogt vnter die Hünde) oder nicht jhr Amptmann sein.

Also zog mein Herr Schultheyß Lale fort / vnd kam in das Bad: Daselbsten stellet er sich gar witzig /sasse in sehr schweren tieffen gedancken / zellet vnterweiln seine Finger ab / redet mit sich selberst /vnd sonst mit niemand: also dz sich die / so jn zuvor gekennt / vber solche gähe Veränderung verwunderten / vermeinten er were vielleicht Melancolisch / wusten aber nit / daß er Schultheß were / vnd jhme die Ehre also wehe thete. In dessen fragt er einen / so zunechst bey jhme gesessen / ob dieses der Banck seye / auff welchem die Herrn pflegen zusitzen? Jhm ward geantwort / Ja. Wie hab ichs dann so fein getroffen / sagt der Schultheiß: Ich glaube gentzlich / der Banck habe mirs angeschmeckt / daß ich zu Laleburg Schultheiß seye.[75]

Wie er nun lang also sitzet / vnd tapffer schwitzet /so kompt der Bader (etliche Exemplaria haben / die Baderin) zu jhm / vnd sagt: Guter Freund / habt jr den Kopff gewaschen / vnd euch reiben vnd kratzen lassen / so sagt es: ist es dann nit geschehen / so wil ich Laugen herlangen / vnnd euch außreiben. Der Schultheß /so in tieffen gedancken geschwitzet / antwortet: Lieber Bader / ich weiß warlich nit eygentlich / ob ich gezwagen hab vnd gerieben bin / oder nicht. Dann vnser einer hat so vil zusinnen / zugedencken vnd zutrachten / damit der gemeine Nutz nit jrgend schaden leide / vnd Gericht vnd Recht gehandhabet vnd gefürdert werde / dz wir solcher schlechten sachen nit warnemmen: vnd sonderlich ich / der ich dahin sinnen vnd trachten soll vnd muß / wie ich dem Keyser Rheymenweis antworte. Dann verstehe mich recht /ich bin der Schultheiß Lale von Laleburg. Ab solcher seiner rede / so doch sein bitterer ernst gewesen / fiengen alle die im Bade waren an wie die andern Narrn zulachen: liessen jhn doch bey seinen Ehrn bleiben /vnd noch eins darauff schwitzen.

Quelle:
[Anonym]: Das Lalebuch. Stuttgart 1971, S. 74-76.
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