[7. Kapitel]

Wie die Lalen sinnes vnd rhates wurden / ein neuwes Rhathauß zubawen / vnd was sich damit

begeben habe.

[32] Als hernach folgender tagen vmb deß obgemelten wichtigen Handels willen nachmaln die Gemeinde zusamen berüfft / vnd rhat gehalten wurde / was sie jhrer Thorheit für einen löblichen namhafften anfang geben wölten / damit der Handel deste bälder außbreche vnnd kundtbar wurde / ward zu letzt abgerahten vnnd endtlich beschlossen: Demnach sie nun fürohin ein ander Regiment / wesen vnd Leben / an sich zunemmen vnd zubestellen bedacht vnd gesinnet / so solte zu einem guten glückhafften anfang erstlich ein newes Rhathauß / so jhr Narrey ertragen vnd leiden könte / dann sie im sinne schon damaln nit geringe Narrn gwesen / mit gemeiner hilff vnd kosten bawen vnd auffrichten solte.[32]

Welches dann noch nit so gar vngerheymt gwesen. Aber sie / als die sich jrer Weyßheit noch nit so gar verziegen hetten / musten es darbey angreiffen: dieweil es noch ein gestalt der Weyßheit gehabt / vnd es sich nit fügen wöllen / daß sie mit jrer Narrey hauffen weise herfür brechen / eins mals vnd auff einen stutz: dann jhr angelegte vnnd angenommene Thorheit dardurch leichtlich were verrhaten worden. Darumb wolten sie den Narren gantz weyßlich hindern Ohren (geht hinder mir weg) verbergen eine zeitlang / biß sie nach vnd nach gelegenheit hetten / jn allgemach herauß zulassen. Sie hatten aber auch solches jres gefaßten Rhatschlags / dz newe Rhathauß belangend / ein merckliches Exempel jres Pfaffen / welcher so eyferig gewesen / dz so offt er nur gehöret leuten / er allzeit meint / er müste mit seiner Postill auff die Cantzlen rumplen. Dieser / als er von den Lalen erstlich angenommen vnd gedinget worden / begeret er an sie / dz ehe er auffstünde zupredigen / sie jm ein newe Cantzel / von gutem starckem eychenen Holtz / mit Eysen wol beschlagen / damit sie seine starcke wort / die er jederzeit herfür bringen wölte / erdulden vnd ertragen könne.

Nun / wie gemeldt / diser rhat vnd endlicher beschluß / war jnen vber alle massen gefellig vnd angenem: erbotten sich alle / mit Leyb vnd Gut darzu beholffen zusein. Dann es liesse sich damaln ansehen /als wölte etwz anders drauß werden / als da jener Poet spricht: Parturiunt montes / nascetur ridiculus mus.[33]


Das ist:

Eins mals die Berge sich gestelten /

Als ob sie Junge machen wölten.

Die Menschen stunden in groß sorgen /

Sprachen / nun sind wir all verdorben:

Solln diese Berg thun Junge hecken /

So werden sie vns all bedecken.

Niemand wust / was wolt werden drauß /

Da wars nichts als ein kleine Mauß:

Dieselb schloff auß dem Berg herfür /

Nach dem sie het die Welt gmacht jrr.


Als nun die Glocken (wie man sagt) deß newen Rhathauß halben gegossen / die Aempter außgetheilt /vnnd alles abgeredt vnd geordnet war / so zu einem solchen wichtigen Werck notwendigklich erfordert wirdt: befande sichs / dz nichts mehr darzu mangeln thete / als ein pfeyffer oder Geyger / der mit seinem lieblichen Gesang vnd klang dem Holtz vnd Steynen gelocket hette / daß sie selberst herzu gelauffen weren / vnd sich hetten feyn ordenlich / wie zu einem solchen Baw notwendig / auff einandern gelegt. Welcher massen dann bey den alten Schreybenten gelesen wirdt / von dem Orpheo: daß wann er auff seiner Harpffen gespielet / so seyen jhme / sein liebliches Gesang zuhören / nicht nur die Vögel vnd wilde thier / sonder auch die Bäume vnd gantze Wälde / ja gantze Berge (ist vielleicht zu der zeit gewesen / da die Berge noch gehn vnd reden konten) nachgezogen: ja grosse Wasserflüsse habe er bewegt / daß sie still gestanden / jhme zugehört / vnd sich an seinem gesang ergetzet vnd erquicket haben. Also liset man auch vom Amphione: derselbe hat mit dem lieblichen Klang seiner Harpffen zuwegen gebracht / daß jhme die[34] Steyn nachgezogen / sich feyn ordenlich auff einandern gefügt / vnnd die Ringmauren der Statt Thebe / in Beotia gelegen / von sich selberst also gemachet /daß sie hundert Thor / vnd ohne zweiffel noch viel mehr Thürne bekommen hat.

Ein solchen Geyger hetten sie haben sollen / zubefürderung jhres vorhabenden Bawes / welchen sie dann vielmaln wünschen theten: dann derselb hette jhnen vil mühe vnd arbeit abgenommen / darzu wol etwas ersparet. Demnach aber ein solcher nirgend zufinden war / vereynbarten sie sich / mit einandern in gemein das Werck anzugr[e]iffen / vnd einer dem andern zuhelffen / auch nit eher auff zuhören / es were dann der Baw auffgeführt vnd vollendet / daß man jn brauchen vnd besitzen könte.

Quelle:
[Anonym]: Das Lalebuch. Stuttgart 1971, S. 32-35.
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