Kaare's Flucht.

[174] Von dem brennenden Dach und dem Bretterboden fielen fortwährend Feuerbrände in das Gemach. Skarphedin, Kaare und Grim erhoben sie ebenso schnell als sie niederfielen und warfen sie nach den Draußenstehenden, und das währte eine Weile. Die[174] Gegner begannen jedoch sie mit Speeren zu bewerfen, sie aber fingen dieselben im Fluge auf und schleuderten sie zurück, so daß Flose seine Gefährten bat, mit dem Schießen innezuhalten. »Jeglicher Speerwechsel mit ihnen wird uns schwer fallen,« meinte er, »Ihr könnt schon warten, bis das Feuer sie zur Ruhe bringt.« Da fiel das Dach und die großen Balken herab. Bei dem einen Giebel blieb ein Querbalken schräg liegen mit dem einen Ende auf der Hausdiele und dem anderen auf der Krone der Wand, in der Mitte aber war er stark verbrannt. Dahin eilten die drei Männer. Kaare sagte zu Skarphedin: »Hier können wir entwischen; laufe Du den Balken hinan, bevor er ganz durchbrennt; ich will Dir hinaufhelfen und folge Dir dann sofort. Sind wir erst draußen, dann entkommen wir leicht, ohne daß sie uns gewahr werden, denn der Rauch zieht nach jener Seite hin und wir müssen uns in seiner Richtung halten.« »Springe Du voran,« versetzte Skarphedin, »ich folge Dir auf dem Fuße.« »Nein,« sagte Kaare, »ich gelange schon an einer anderen Stelle ins Freie, falls es mir hier nicht glückt.« »Ich springe nicht zuerst hinunter,« sprach Skarphedin, »Du mußt vorangehen.« Kaare erwiderte endlich: »Es ist die Pflicht eines jeden Mannes, sein Leben zu retten, wenn die Gelegenheit da ist, und ich will es thun. Wir aber sehen uns nicht mehr, denn komme ich erst ins Freie, dann habe ich wenig Lust, ins Feuer hineinzuspringen, um Dich zu retten, dann muß jeder seinen eignen Weg gehen.« »Es sollte mich freuen, wenn Du ihnen entkommst, Schwager,« sagte Skarphedin, »Du wirst mich dann rächen.« Kaare ergriff ein brennendes Brett der Wandbekleidung und lief den Balken hinan. Als er auf die Wand hinaufkam, schleuderte er das brennende Brett auf die Draußenstehenden hinab, so daß diese zur Seite wichen. Seine Kleider und Haare brannten lichterloh, in diesem Zustand sprang er von der Wand hinab und lief fort in der Richtung des Rauches. »Sprang da nicht ein Mann von der Wand herab?« rief einer von den Zunächststehenden. »Keineswegs,« antwortete ein andrer; »es wird wohl Skarphedin gewesen sein, der einen Feuerbrand nach uns schleuderte.« Sie faßten also keinen Argwohn. Kaare[175] aber rannte weiter, bis er zu einem Bache kam; in diesen warf er sich nieder und löschte das Feuer. Darauf lief er weiter mit dem Rauche bis zu einem Graben, wo er sich niederlegte, um auszuruhen.

Quelle:
Die Njalssaga. Leipzig 1878, S. 174-176.
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