CCXXIIII.

[306] 1. Nun wil ichs aber heben an,

von dem Danheuser wöllen wir singen,

Und was er wunders hat gethan,

mit fraw Venussinnen.


2. Der Danheuser was ein ritter gut,

er wolt wunder schawen,

Da zog er in fraw Venus berg,

zu andern schönen frawen.


3. Herr Danheuser jhr seid mir lieb,

daran solt jhr gedencken,

Ihr habt mir ein eyd geschworen,

jhr wolt nit von mir dencken.[306]


4. Fraw Venus ich hab es nicht gethan,

ich wil dan widersprechen,

Wanns niemands spricht das mehr dann jr,

Gott helff mir zu dem rechten.


5. Herr Danheuser wie sagt jhr mir,

jhr solt bey uns bleiben.

Ich gib euch meiner gespielen ein,

zu einem ehelichen weibe.


6. Neme ich denn ein ander weib,

denn ich han in meinem sinne,

So mus ich in der hellen glut

da ewiglich verbrinnen.


7. Du sagst mir viel von der hellen glut,

du hast es doch nit befunden,

Gedenck an meinen roten mund,

der lacht zu allen stunden.


8. Was hilfft mir ewer roter mund,

er ist mir gar unmere,

Nu gib mir urlaub fraw Venus zart,

durch aller frawen ehre.


9. Herr Danheuser wolt jr urlaub han,

ich wil euch keinen geben,

Nun bleibet edler Danheuser zart,

und frischet ewer leben.


10. Mein leben das ist worden kranck,

ich kan nicht lenger bleiben,

Gib mir urlaub fraw Venus zart,

von jrem stoltzen leibe.


11. Herr Danheuser nicht sprecht also,

jhr seid nit wol bei sinnen,

Nu last uns in ein kammer gahn,

und spielen der heimlichen minnen.


12. Ewre minne ist worden leid,

ich hab in meinen sinnen,

O Venus edle jungfraw zart,

jr seid ein teufelinne.[307]


13. Danheuser wie sprecht jr nu also,

bestaht jhr mich zu schelten?

Solt jhr noch lenger bey uns sein,

des worts müst jr entgelten.


14. Danheuser wolt jr urlaub han,

nempt urlaub von dem greysen,

Und wo jr in dem land umbfart,

mein lob das solt jr preisen.


15. Der Danheuser zog wider aus dem berg

in jammer und in rewen,

Ich wil gen Rome in die stadt,

all auff den bapst vertrawen.


16. Nu fahr ich frölich auff die ban,

Gott müst es jmmer walten,

Zu einem bapst der heist Urban,

ob er mich möcht behalten.


17. Herr bapst geistlicher vater mein,

ich klagen euch mein sünden,

Die ich mein tag begangen han,

als ich euch wil verkünden.


18. Ich bin gewest ein gantzes jar

bey Venus einer frawen,

Nun wil ich beichten und buß empfahen,

ob ich möcht Gott anschawen.


19. Der babst hat einen stecken weis,

der war von dürren zweigen,

Wenn der stecken bletter tregt,

so sein dir dein sünden verziegen.


20. Solt ich leben nit denn ein jar,

ein jar auff dieser erden,

So wolt ich rew und buß empfahn

und Gottes gnad erwerben.


21. Da zog er wider aus der stadt

in jammer und leiden,

Maria mutter reine magd,

mus ich mich von dir scheiden.[308]


22. So zieh ich wider in den berg,

ewiglich und ohn ende,

Zu Venus meiner frawen zart,

wo mich Gott wil hin senden.


23. Seit wilkomm Danheuser gut,

ich han euch lang entboren,

Seit wilkom mein liebster herr,

und held mein außerkoren.


24. Darnach auff den dritten tag,

der stecken hub an zu grünen,

Da sand man boten in alle land,

wo der Danheuser wer hinkommen.


25. Da was er wider in den berg,

darin sol er nun bleiben,

So lang bis an den jüngsten tag,

wo jhn Gott wil hin weisen.


26. Das sol nimmer kein priester thun,

dem menschen mißtrost geben,

Wil er buß und rew empfahn,

sein sünden sind jm vergeben.

Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 306-309.
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