Dreizehnte Szene

[227] Vorige ohne Stolzenthaler.


BARBARA. Aber Pepi, was hast denn?

JOSEPHA aufspringend und durch das Zimmer laufend. Fragn S' doch nit! Ich soll mich etwa nit kränken? Zwei Jahr geh ich jetzt mit dem Menschen, hab alle seine schrecklichen Launen ertragn, weil ich denkt hab, wenn er sich gwöhnt, so nimmt er mich am End doch und ich wurd glücklich und Hausfrau und könnt alle andern auslachen.

BARBARA. Dös hast du glaubt? Für so dumm hätt ich dich nit ghalten.

JOSEPHA. Und Sö, Mutter, habn's im voraus gwußt, daß's so kommt?

BARBARA wie selbstverständlich. Aber Kind – –

JOSEPHA. Und da haben Sie ihn ins Haus lassen?

BARBARA. Hab ich 'n Hausherrnssohn aus der Wohnung weisen können, wo wir dreiviertel Jahr Zins schuldig warn?

JOSEPHA. Deswegen hätten S' mich doch unter d' Augen[227] bhalten können, nit, daß S' Landpartien mitmachen, mit dö andern im Wirtshaus sitzen bleiben und uns allein herumlaufen lassen.

BARBARA. Aber, liebs Kind, wenn man die Leut braucht, därf man sich mit ihnen nit verfeinden, da muß man schon a Aug zudrucken, und du bist a jung und lustig, verlangst dein Vergnügn und ein bissel ein Putz, das hättn mer dir net beschaffen können, und zu keiner Arbeit bist net erzogn.

JOSEPHA. Und warum – warum bin ich denn zu keiner erzogn?

BARBARA. A harte hätt sich für dich nit gschickt, und was Feins konnt mer dich nit lernen lassen, hätten überhaupt keine Not gehabt und könnten anders dastehn, hätt der Mann net allweil Geld ausm Haus tragn. Dein Vater, der is an allem schuld.

JOSEPHA. Was hab ich jetzt davon? Das Gfetzwerk und der Gschmuck werdn bald versetzt oder verkauft sein, ich steh da als a arms verlassens Gschöpf, das nix hat als a üble Nachred und um das sich kein Mann mehr umschaut.

BARBARA. Gehst denn nit! Dir werdn noch gnug kommen. So a Madel, wie du eins bist, dös mag sein, wie's will, und is noch allweil für kein z' schlecht! Aber wenn dir gar so um ein Mann is – muß's gleich sein? –

JOSEPHA. Lassen S' mich mit Fried!

BARBARA. Im Ernst, da hätt ich ein bei der Hand, dürfst nur zugreifen.

JOSEPHA. Möcht wissen, wer?

BARBARA. Dreh dich nur um!


Wendet sich gegen Johann.


JOHANN hat Gegenstände, die teils auf, teils neben der Drehbank lagen, aufgegriffen und in Ordnung gebracht – zuckt erschreckt zusammen. Aber Meisterin! –


Steht mit gebogenen Knien, hat die Oberarme an den Leib gepreßt und die Unterarme und Hände quer über der Brust liegen.


JOSEPHA in fröhlichen Leichtsinn umschlagend. Unser Johann? Hahaha! Sie gibt ihm einen leichten Backenstreich. Tschapperl![228]

BARBARA. Hahaha!

JOHANN stimmt dumm in das Gelächter der beiden ein. Ja – hehe – ja, he!


Quelle:
Ludwig Anzengruber: Werke in zwei Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 21977, S. 227-229.
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