Sechzehnte Szene

[235] Martin, Josepha, durch die Mitte treten Schalanter und Barbara ein, welche Weinflaschen und Schüsseln mit Speisen tragen.


SCHALANTER. Mir sein da! Die Predigt habts überstanden, jetzt könnts euch drauf stärken.

BARBARA ordnet Geschirr und Gläser auf dem Tische. Ich weiß ja, wie die Mutter is, nach der müßt das Madl so heilig tun wie a Klosterfrau.

SCHALANTER füllt die Gläser. Und der Martin wie a Kartauser und Duckmauser. Mein Gott, 's is a alts Weib, das sich in der heutigen Welt gar nimmer auskennt.

SCHALANTER UND BARBARA. Hörts nit auf die Alte!


Martin und Josepha sehen sich an und müssen lachen.


SCHALANTER. Ös brauchts niemand zu gfallen als euern Eltern. Laßts euch nit irr machen! Zu Martin. Du bist allweil wer, a wenn d' nix bist, noch allweil mehr als die andern! Auf Josepha. Und wenn die will, kann s' heut noch[235] a Volkssängerin werdn, a Stimm braucht s' nit, nur um die Text handelt sich's und um a Erfahrung, daß man s' zur Geltung bringt. – Angstoßen, daß ma a Freud an unsern Kindern erlebn! Singt. Hoch solln sie leben, hoch solln sie leben, dreimal hoch!


Das Orchester nimmt die Melodie auf. Alle stimmen ein und stoßen an. Das Glas Martins bricht in Scherben. Der Vorhang fällt rasch. Das Orchester bringt den schrillen Klang des zerspringenden Glases und knüpft daran gleich die Zwischenaktsmusik.


Quelle:
Ludwig Anzengruber: Werke in zwei Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 21977, S. 235-236.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Das vierte Gebot
Anzengrubers Werke: Teil 3. Doppelselbstmord.-Der ledige Hof.-Ein Faustschlag.-Das vierte Gebot.-'s Jungferngift
Das Vierte Gebot (Dodo Press)
Das vierte Gebot