Fünfte Szene

[214] Hutterer und Frey, aus dem Trakt.


FREY erregt. Entschuldigen Herr von Hutterer, nur auf einen Augenblick.

HUTTERER hämisch, übertrieben höflich. Bitte, was steht zu Diensten?

FREY. Die gnädige Frau sagte mir, daß der Klavierunterricht des Fräuleins abgebrochen werden soll.

HUTTERER. Ja! Habn S' Ihr Geld kriegt?

FREY. Das wohl.

HUTTERER. Na, also, so haben wir über den Punkt nix weiter zu reden.[214]

FREY. Ich maße mir natürlich nicht an, Ihren Entschluß zu kritisieren, aber meiner Ehre als Lehrer bin ich es schuldig, daß ich Sie aufmerksam mache, obwohl Ihr Fräulein Tochter ein sehr hübsches Talent besitzt und ich mein möglichstes getan habe, so war doch die Dauer des Unterrichtes zu kurz.

HUTTERER. Eben, Sie hätten mit der Zeit auch Unmögliches leisten können.

FREY. Mit einem Wort, es fehlt dem Fräulein noch an Geläufigkeit.

HUTTERER. Ja, ja, sehn S', Sie könnten meiner Tochter vielleicht mehr Geläufigkeit beibringen, als der ihrem Zukünftigen lieb wär.

FREY auf ihn zutretend, mit warmem Ton. Herr von Hutterer, Sie wissen – –

HUTTERER zurücktretend, ihn parodierend. Herr von Frey, ja, ich weiß!

FREY. Herr – aber ich weiß mir Ihr Benehmen nicht zu erklären.

HUTTERER. Nicht? Tut mir leid. Schaun S' halt um a Häuserl weiter, vielleicht finden Sie dort einen Vater, der deutlicher ist. Ich wünsche es Ihnen!

FREY. Ich finde Sie in übler Laune. Vielleicht ein andermal. Gehorsamer Diener!

HUTTERER. 'schamster Diener! Bemühn Sie sich nicht wegn ein andermal, ich bleib mir gleich. – Ich bitte, wohin denn?

FREY ist gegen den Trakt gegangen. Sie sehen, ich bin ohne Hut.

HUTTERER. Bleiben Sie! Ruft zur Türe hinein. Sidi, die Hedwig soll dem Herrn Klavierlehrer seinen Hut mitbringen.

FREY. Aber wozu die Damen bemühn?

HUTTERER. Sie tun das nicht gerne? Denk mir's. Geht auf und ab, summend. Hum, hum, hübscher Abend heut, was?[215]

FREY. Fragen Sie mich?

HUTTERER. Na ja!

FREY. Sonderbar.

HUTTERER. Ich find da nix Sonderbars. Wendung gegen die Auftretenden. Ah, da seids ja.


Quelle:
Ludwig Anzengruber: Werke in zwei Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 21977, S. 214-216.
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